Können heißt nicht Müssen

Die Entscheidung des LG, den Antrag der Gläubigerin zur Abgabe der Vermögensauskunft abzulehnen, stellte sich für den BGH im Ergebnis als richtig dar.

Der Bevollmächtigten, die durch ihre Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß §§ 802c, 802f ZPO beschwert und damit erinnerungsbefugt war, wäre es aufgrund der ihr erteilten Vorsorgevollmacht zwar gemäß § 51 Abs. 3 ZPO möglich gewesen, gemeinsam mit dem weiteren Bevollmächtigten die Vermögensauskunft abzugeben. Sie war dazu allerdings nicht verpflichtet, weshalb der Gerichtsvollzieher sie auch nicht zur Abgabe der Vermögensauskunft laden durfte.

Wer geladen wird, ist beschwert

Mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung können Einwände gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung erhoben sowie Verstöße des GV gegen das von ihm bei der Zwangsvollstreckung zu beobachtende Verfahren gerügt werden (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der GV ist im Rahmen der ihm obliegenden Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO befugt, eine Vermögensauskunft des Schuldners gemäß § 802c ZPO einzuholen. Die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (§ 802f Abs. 1 ZPO) ist Teil des Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft und damit Teil der Zwangsvollstreckung (BGH NJW 2016, 3455 Rn 9). Ein Vorsorgebevollmächtigter kann unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 ZPO über das Vermögen des Vollmachtgebers wirksam eine Vermögensauskunft samt eidesstattlicher Versicherung gemäß § 802c ZPO abgeben.

Grundsatz: Schuldner muss Vermögensauskunft höchstpersönlich abgeben

Der Schuldner hat die Vermögensauskunft allerdings grundsätzlich selbst und nicht durch einen anwaltlichen oder sonstigen Bevollmächtigten abzugeben, weil die Abgabe der Vermögensauskunft eine Wissenserklärung ist und eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Wissen nicht möglich ist (vgl. Zimmermann, DGVZ 2010, 221, 222). Für die eidesstattliche Versicherung gemäß § 802c Abs. 3 S. 1 ZPO folgt dies zudem aus der gemäß § 802c Abs. 3 S. 2 ZPO entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 478 ZPO, nach der der Eid von dem Schwurpflichtigen in Person geleistet werden muss.

Allerdings: Er muss prozessfähig sein

Der Schuldner muss bei Abgabe der Vermögensauskunft allerdings prozessfähig sein. Die Prozessfähigkeit ist jedenfalls dann Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung, wenn der Schuldner bei dieser mitwirken muss und nicht lediglich sichernde Maßnahmen zu treffen sind (BGH DGVZ 2011, 209). Nicht prozessfähige Schuldner werden bei der Abgabe der Vermögensauskunft durch einen gesetzlichen Vertreter wie insbesondere einen Betreuer vertreten (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1).

Rechtsgeschäftliche Vertretung umstritten

Die Frage, ob ein nicht prozessfähiger Schuldner bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung außerdem gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden kann, ist umstritten.

§ 51 ZPO als Ausgangspunkt

Hat eine volljährige natürliche Person, die nicht prozessfähig ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person nach § 51 Abs. 3 ZPO einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen. Auf dieser Grundlage stellt der BGH die verschiedenen Ansichten dar, die hier kurz zusammengefasst werden:

Wer weiß, der weiß

Eine Ansicht bejaht die Berechtigung eines Vorsorgebevollmächtigten gemäß § 51 Abs. 3 ZPO, für einen prozessunfähigen Schuldner die Vermögensauskunft samt eidesstattlicher Versicherung abzugeben Bereits aus der gesetzlichen Wertung des § 51 Abs. 3 ZPO folge, dass ein rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter einem gesetzlichen Vertreter unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen gleichstehe. Der Wissensgehalt der erklärenden Personen werde in der Regel identisch sein.

Für den GV zu viel zu prüfen

Eine andere Ansicht, der sich das LG angeschlossen hat, verneint die Anwendbarkeit des § 51 Abs. 3 ZPO auf das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft. Für die Wirksamkeit der eidesstattlichen Versicherung könne das formalisierte Auskunftsverfahren eine sichere Feststellung der Erfordernisse des § 51 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB nicht gewährleisten.

Erfordernis der notariellen Beurkundung

Nach einer vermittelnden Ansicht soll die Abgabe der Vermögensauskunft durch den Vorsorgebevollmächtigten nur möglich sein, wenn die Vorsorgevollmacht notariell beurkundet worden ist, da dann keine Bedenken bestünden, die Gleichstellung mit einer gesetzlichen Vertretung vorzunehmen.

BGH folgt der ersten Ansicht

Der BGH folgt der ersten Ansicht. Für das Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 704 ff. ZPO gelten neben den dortigen spezifischen Verfahrensvorschriften auch die allgemeinen prozessualen Regelungen in den §§ 1 bis 252 ZPO sinngemäß, sofern sich aus den Bestimmungen im zweiten Abschnitt des 8. Buches der ZPO (§...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?