Versagung der Restschuldbefreiung bei Obliegenheitsverletzung und Beeinträchtigung
Die materiellen Voraussetzungen für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 i.V.m. § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO hat das Beschwerdegericht mit zutreffender Begründung festgestellt. Auf einen Gläubigerantrag ist die beantragte Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO zu versagen, wenn der Schuldner ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH ZVI 2010, 203) eine seiner Obliegenheiten aus § 295 InsO verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt.
Erwerbsobliegenheit = Arbeitsleistung und angemessene Vergütung
Nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO obliegt es dem Schuldner, in der Wohlverhaltensperiode eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.
Grundsätzlich erfüllt ein erwerbstätiger Schuldner seine Obliegenheiten, wenn er während der Wohlverhaltensperiode einer Erwerbstätigkeit nachgeht, die seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten entspricht. Eine angemessene Erwerbstätigkeit setzt nicht nur eine gebührende Arbeitsleistung, sondern auch eine angemessene Bezahlung voraus.
Der Schuldner muss aktiv sein
Der beschäftigungslose Schuldner hat sich um eine Arbeit zu bemühen; eine zumutbare Arbeit darf er nicht ablehnen. Gelingt es dem Schuldner nicht, eine seiner Ausbildung, seinen Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand entsprechende Arbeitsstelle zu finden, muss er eine berufsfremde, eine auswärtige und notfalls eine Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit annehmen. Er muss im Regelfall bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern halten. Weiter muss er sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen. Als ungefähre Richtgröße können zwei bis drei Bewerbungen in der Woche gelten, sofern entsprechende Stellen angeboten werden. Welchen Umfang die Bemühungen des Schuldners im Einzelnen aufweisen müssen, um eine hinreichende Arbeitsplatzsuche belegen zu können, lässt sich nicht allgemeingültig klären, sondern ist unter Berücksichtigung branchenbezogener, regionaler und individueller Umstände einzelfallbezogen zu beurteilen (BGH NZI 2011, 596; BGH NZI 2012, 852).
Minderverdienst aktiviert Obliegenheit
Erkennt der selbstständig tätige Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus, braucht er seine selbstständige Tätigkeit zunächst nicht aufzugeben. Er muss sich dann aber – ebenso wie ein beschäftigungsloser Schuldner – gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH NZI 2009, 482).
Erst recht bei einer Teilzeittätigkeit
Nichts anderes gilt für den Schuldner, der anstelle einer angemessenen Vollzeittätigkeit lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt (BGH NZI 2010, 228). Als angemessene Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich nur eine Vollzeitbeschäftigung anzusehen (Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl., § 295 Rn 13; FK-InsO/Ahrens, 9. Aufl., § 295 Rn 61 f). Wie der erwerbslose oder erfolglos selbstständig tätige Schuldner muss er sich um eine angemessene Vollzeitbeschäftigung bemühen. Er ist für die Erfüllung der Erwerbsobliegenheit gehalten, sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden und aktiv nach einer Vollzeitbeschäftigung zu suchen. Entgegen der Ansicht des LG treffen den in Teilzeit beschäftigten Schuldner dabei keine geringeren Anforderungen an die Arbeitssuche als den erwerbslosen Schuldner.
Es muss Aussicht auf pfändbares Arbeitseinkommen bestehen
Die Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung der in § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestimmten Erwerbsobliegenheit setzt voraus, dass hierdurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt worden ist (§ 296 Abs. 1 S. 1 InsO). Hierfür genügt nicht eine abstrakte Gefährdung der Befriedigungsinteressen der Gläubiger, sondern nur eine messbare tatsächliche Beeinträchtigung. Im Rahmen einer Vergleichsrechnung ist die Differenz zwischen der Tilgung der Verbindlichkeiten mit und ohne Obliegenheitsverletzung zu ermitteln. Nach Abzug aller vorrangig zu befriedigenden Verbindlichkeiten muss eine pfändbare Summe verblieben und dieser an die Insolvenzgläubiger zu verteilende Betrag durch die Obliegenheitsverletzung verkürzt worden sein. Gibt der Schuldner eine Erwerbstätigkeit auf, die keine pfändbaren Beträge erbracht hat, oder lehnt er eine solche Beschäftigung ab oder zeigt er die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht an, die ihm insgesamt nur unpfändbare Einkünfte verschafft, kann darin zwar eine Obliegenheitsverletzung zu sehen sein, doch führt s...