Rz. 38
In Frankreich ist am 12.1.2011 das New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.12.1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen in Kraft getreten, das jedoch nur Grundstandards festlegt und keine Einzelheiten für das IPR regelt. Die materiellen Voraussetzungen (conditions de fond) der Eheschließung richten sich gemäß französischem IPR nach dem Personalstatut, also dem Heimatrecht der künftigen Ehegatten. Dies wird seit dem Gesetz vom 17.5.2013 in Art. 202–1 Abs. 1 CC ausdrücklich bestätigt. Rückverweisungen sind zu beachten. Die Voraussetzungen sind für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen. Hat ein Ehegatte mehrere Staatsangehörigkeiten und darunter die französische, so geht diese vor. Im Übrigen ist bei mehreren Staatsangehörigkeiten die effektive entscheidend. Bei Staatenlosen oder politischen Flüchtlingen gilt das am Wohnsitz bzw. Ort des gewöhnlichen Aufenthalts geltende Recht.
Rz. 39
Das Personalstatut entscheidet insbesondere über das für die Eheschließung erforderliche Alter, Zustimmungserfordernisse, die erforderliche Willensübereinstimmung und Eheverbote. Das Personalstatut entscheidet auch über die Folgen einer Nichterfüllung von Ehevoraussetzungen.
Rz. 40
Auch die Frage, ob die Ehegatten persönlich erscheinen müssen oder sich bei der Eheschließung vertreten lassen können ("Handschuhehe"), ist eine materielle Frage. Dies ergibt sich aus Art. 146–1 CC, wonach eine wirksame Ehe eines Franzosen auch im Ausland stets dessen persönliche Anwesenheit voraussetzt.
Rz. 41
Das Verbot der Polygamie nach Art. 147 CC gilt für alle Eheschließungen in Frankreich, selbst wenn es sich um Ausländer handelt und deren Heimatrecht mehrere Ehen zulässt. Das Verbot der Mehrehe ist jedoch kein Bestandteil des französischen ordre public international; im Ausland zulässigerweise geschlossene Mehrehen werden – allerdings mit eingeschränkten Wirkungen – anerkannt.
Im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen wurden bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 17.5.2013 akzeptiert. Art. 202–1 Abs. 2 CC bestimmt hierzu nun ausdrücklich, dass eine gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen werden kann, wenn entweder das Personalstatut eines der Beteiligten oder das Recht am Wohnsitz oder Aufenthalt eines der Beteiligten dies erlaubt. Dies gilt wegen des Vorrangs von Staatsverträgen jedoch nicht im Verhältnis zu den Staaten, mit denen Frankreich ein Abkommen geschlossen hat, das zwingend für die Eheschließung das Personalstatut beider Partner für anwendbar erklärt.