Rz. 152
Die einvernehmliche außergerichtliche Scheidung ist geregelt in Art. 229–1 bis 229–4 CC und ergänzend in Art. 1144–1 bis 1148–2 CPC. Dabei müssen nach Art. 229–1 Abs. 1 CC beide Ehegatten anwaltlich vertreten und sich über das Scheitern der Ehe und die Scheidungsfolgen umfassend einig sein. Erforderlich ist die Errichtung einer privatschriftlichen Scheidungsvereinbarung, die von beiden Anwälten gegengezeichnet und nach (formaler) Überprüfung gem. Art. 229–1 Abs. 2 CC durch einen Notar registriert wird. Die Scheidungsvereinbarung muss nach Art. 229 Abs. 2 Nr. 5 CC notariell beurkundet sein, sofern Grundbesitz zum gemeinsamen Vermögen gehört und deshalb eine Registrierung beim service chargé de la publicité foncière (vormals bis 31.12.2012 bureau des hypothèques) erforderlich ist. Mit der Registrierung beim Notar wird die Scheidungsvereinbarung nach Art. 229–1 Abs. 3 CC wirksam und vollstreckbar, in diesem Moment wird nach Art. 260 Nr. 1 CC auch die Ehe aufgelöst.
Rz. 153
Sind gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden, die die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzen, müssen diese von der Scheidungsabsicht durch ihre Eltern mittels eines Formulars gem. Art. 1144 CPC vorher verständigt werden. Über die Einsichtsfähigkeit entscheiden die Eltern nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Jedes Kind kann darauf bestehen, vom Familienrichter angehört zu werden; über dieses Recht sind Kinder von ihren Eltern zu informieren. Bestehen sie auf diesem Recht, ist nach Art. 229–2 Nr. 1 CC eine einvernehmliche außergerichtliche Scheidung nicht möglich; in diesem Fall bleibt eine gerichtliche Restkompetenz und kann die einvernehmliche Scheidung nur gerichtlich ausgesprochen werden.
Rz. 154
Der zwingende Inhalt der Scheidungsvereinbarung ist in Art. 229–3 Abs. 2 CC geregelt; sie muss enthalten:
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die genauen Personalien (Name, Adresse, Beruf, Nationalität, Geburtsort) der Ehegatten und ggf. der Kinder, Heiratsdatum und -ort; |
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die Namen und Kanzleianschriften der beteiligten Anwälte samt Kammerzugehörigkeit; |
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die Einigung über die Beendigung der Ehe und die vereinbarten Scheidungsfolgen; |
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die vollständigen Einzelheiten der Einigung über die Scheidungsfolgen, insbesondere auch über die prestation compensatoire (siehe auch Rdn 159); |
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die vollständige Abwicklung und Auseinandersetzung des Güterstandes und die Angabe, ob Immobilienbesitz vorhanden ist; |
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die Angabe, dass ggf. vorhandene einsichtsfähige minderjährige Kinder über ihr Recht, auf einer Anhörung durch den Familienrichter zu bestehen, informiert wurden und von diesem Recht keinen Gebrauch machen wollen. Fehlt bei Vorhandensein von Kindern diesen ggf. die erforderliche Einsichtsfähigkeit, ist in der Scheidungsvereinbarung zu vermerken, dass deshalb die Information unterblieben ist. |
Rz. 155
Nach Art. 229–4 Abs. 1 CC muss der Entwurf der Scheidungsvereinbarung vom jeweiligen Anwalt an den von ihm vertretenen Teil per Einschreiben/Rückschein übersandt werden. Die Scheidungsvereinbarung darf anschließend nach dem Zugang des Entwurfs erst nach einer Bedenkzeit von 15 Tagen unterschrieben werden. Dabei werden nach Art. 1145 Abs. 1 CPC bei einem gemeinsamen Termin der Ehegatten mit ihren Anwälten drei Exemplare ausgefertigt, möglich ist auch eine elektronische Unterschrift. Nach Art. 1145 Abs. 3 CPC behält jeder Ehegatte ein Original, das dritte ist für den Notar bestimmt und wird diesem nach Art. 1146 CPC innerhalb von 7 Tagen nach Unterschrift übermittelt und innerhalb weiterer 15 Tage registriert. Die Scheidungsvereinbarung kann auch in einer Fremdsprache verfasst sein; in diesem Fall ist eine amtliche Übersetzung beizufügen.
Rz. 156
Nach Art. 1147 CPC wird die Scheidung aufgrund einer durch den Notar ausgestellten Bescheinigung auf der Heiratsurkunde und den Geburtsurkunden der Ehegatten vermerkt. Erfolgte die Eheschließung im Ausland und wird von keiner französischen Behörde eine Heiratsurkunde verwahrt, so ist ein Vermerk auf der Geburtsurkunde ausreichend, wenn diese in Frankreich verwahrt wird, anderenfalls wird die notarielle Bescheinigung bei einem beim Außenministerium eingerichteten Register hinterlegt. Nach einem Rundschreiben (Circulaire) des französischen Justizministeriums vom 18.11.2016 steht die französische Privatscheidung auch Ehegatten offen, die weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich haben noch die französische Staatsangehörigkeit besitzen; zur Anerkennung von Privatscheidungen siehe "Allgemeiner Teil" § 1 Rdn 156 ff. in diesem Werk.
Rz. 157
Gegenüber Dritten bestimmt Art. 262 CC, dass die Scheidung erst dann Wirkung erzeugt, wenn die vorstehend genannten Publizitätsakte durchgeführt wurden. Im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten treten nach Art. 262–1 Abs. 1 CC die Wirkungen der Scheidung bei der außergerichtlichen einverständlichen Scheidung, sofern nicht anders zwischen den Ehegatten geregelt, ein, sobald die Scheidungsvereinbarung vollstreckbar geworden ist, nach Art. 229–1 Abs. 3 CC also mit deren Registrierung beim Notar.