I. Verlöbnis
Rz. 6
Das Verlöbnis (fiancailles oder promesse de mariage) ist im Code Civil (CC) nicht erwähnt. Ein Eheversprechen erzeugt keinerlei rechtliche Bindung; dies kann auch nicht durch Vertragsstrafen umgangen werden, da dadurch die Ehefreiheit verletzt würde. In Ausnahmefällen kann ein grundlos vom Eheversprechen Zurücktretender unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung nach Art. 1240 CC oder des Rechtsmissbrauchs auf Schadensersatz haften, wenn der Verlassene das Vorliegen eines Eheversprechens, ein Verschulden des Zurücktretenden und einen materiellen oder immateriellen Schaden nachweisen kann. Brautgeschenke sind nach Art. 1088 CC im Falle der Auflösung des Verlöbnisses zurückzugeben.
II. Obligatorische Zivilehe, Statistik
Rz. 7
Das französische Recht sieht die obligatorische Zivilehe vor. Die Ehe kann wie in Deutschland nur vor einer staatlichen Behörde (Standesamt) geschlossen werden. Eine kirchliche Trauung hat keine bürgerlich-rechtlichen Wirkungen, sie darf nicht vor der standesamtlichen Trauung stattfinden. Die Zahl der Eheschließungen ist in Frankreich in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen, wobei in jüngerer Zeit die Zahl wieder etwas angestiegen und relativ stabil ist. 1974 kam es noch zu 394.000 Eheschließungen, 1993 waren es nur noch 254.000, im Jahr 2011 war mit 236.826 Eheschließungen ein historischer Tiefstand erreicht. Seither bleiben die Zahlen konstant auf einem niedrigen Niveau. Parallel hierzu kann ein merklicher Anstieg der Scheidungszahlen festgestellt werden: Wurden im Jahr 1972 nur 53.000 Ehen geschieden, waren es im Jahr 1995 bereits 120.000 und im Jahr 2010 134.000, wobei bis zum Jahr 2014 mit 123.500 die Tendenz wieder rückläufig war.
III. Materielle Voraussetzungen und Folgen von Verstößen
1. Persönliche Voraussetzungen
a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 8
Bis zum 17.5.2013 konnten nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts die Ehe eingehen. Für gleichgeschlechtliche Partner bestand lediglich die Möglichkeit, einen pacte civil de solidarité (PACS) einzugehen (siehe hierzu Rdn 249 ff.). Eine unter gleichgeschlechtlichen Personen geschlossene "Ehe" stellte eine Nichtehe dar; eine Anfechtung der Ehe war nicht erforderlich. Art. 143 CC n.F. stellt nun ausdrücklich klar, dass eine Ehe auch von zwei Personen des gleichen Geschlechts geschlossen werden kann.
b) Altersgrenze
Rz. 9
Beide Ehegatten müssen gem. Art. 144 CC mindestens 18 Jahre alt sein. Von dieser Voraussetzung kann gem. Art. 145 CC in Ausnahmefällen, z.B. bei einer Schwangerschaft, durch den Staatsanwalt (procureur de la République) am Ort der Eheschließung auf Antrag Befreiung erteilt werden.
Rz. 10
Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 144 CC führt zur absoluten Nichtigkeit der Ehe (nullité absolue), wobei nach Art. 184 CC sowohl die Ehegatten als auch jeder, der an der Anfechtung ein Interesse hat, und die Staatsanwaltschaft (ministère public) anfechtungsberechtigt sind. Die Nichtigkeit ist beim Tribunal judiciaire, das für den Wohnort des Beklagten zuständig ist, innerhalb von 30 Jahren nach Eheschließung gerichtlich geltend zu machen. Nach Art. 187 CC können Verwandte in der Seitenlinie oder Kinder aus einer früheren Ehe die Ehe jedoch nur anfechten, wenn sie daran ein gegenwärtiges Interesse haben.
c) Zustimmungserfordernisse
Rz. 11
Minderjährige bedürfen nach Art. 148, 149 CC stets der Zustimmung der Eltern. Können sich die Eltern nicht einigen, so gilt dies als Zustimmung. Bei Vorversterben, Abwesenheit oder Geschäftsunfähigkeit eines Elternteils reicht die Zustimmung des anderen. Bei Fehlen, Geschäftsunfähigkeit oder Nichtauffindbarkeit beider Elternteile müssen gem. Art. 150 CC die Großeltern konsultiert werden, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen geht wiederum die Zustimmung eines Großelternteils bzw. einer großelterlichen Linie vor. Sind auch keine Großeltern vorhanden, ist nach Art. 159 CC der nach Art. 398 ff. CC im Rahmen der Vormundschaft aus mindestens vier Verwandten oder nahestehenden Personen gebildete Familienrat (conseil de famille) zuständig. Bei Adoptivkindern gilt die Sonderregelung des Art. 365 CC. Die Zustimmung kann mündlich beim Standesamt anlässlich der Eheschließung erteilt oder schriftlich in notarieller oder durch den Standesbeamten beurkundeter Form abgegeben werden (Art. 73 CC). Personen, deren Zustimmung fehlt, können nach Art. 154, 155 CC auf Antrag eines Verlobten durch notarielle Erklärung zur Zustimmung aufgefordert werden.
Rz. 12
Erwachsene, die unter Vormundschaft (tutelle) oder Pflegschaft (curatelle) stehen, entscheiden, sofern sie zur freien Willensbildung in der Lage sind, selbst über ihre Heirat. Allerdings ist nach Art. 460 CC der Vormund bzw. Pfleger vorher zu informieren. Es obliegt...