Rz. 7
Für den Zeitraum zwischen dem 1.9.1992 und dem 29.1.2019 gilt in Frankreich das Haager Übereinkommen über das auf Ehegüterstände anwendbare Recht vom 14.3.1978 (HGA). Gemäß Art. 2 HGA handelt es sich dabei um loi uniforme. Die Bestimmungen gelten also aus französischer Sicht auch im Verhältnis zu Deutschland, obgleich Deutschland das Übereinkommen nicht ratifiziert hat. Für vor dem 1.9.1992 geschlossene Ehen bleibt es grundsätzlich bei den vormals geltenden Regeln, gem. Art. 21 HGA konnten die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse jedoch dem Abkommen unterstellen.
Rz. 8
Gemäß Art. 3 Abs. 1 HGA ist in erster Linie das von den Ehegatten ausdrücklich oder konkludent nach Art. 11 und 13 HGA gewählte Sachrecht maßgeblich. Die Formwirksamkeit eines Ehevertrages richtet sich gem. Art. 12 HGA nach dem Recht am Abschlussort oder der lex causae. Die Ehegatten konnten ihre güterrechtlichen Verhältnisse gem. Art. 3 Abs. 2 HGA entweder dem Recht eines Staates, dem ein Ehegatte angehört (Nr. 1), dem Recht eines Staates, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Nr. 2), oder dem Recht eines Staates, in dem ein Ehegatte nach der Eheschließung seinen Wohnsitz begründen wird (Nr. 3), unterstellen. Das Güterrechtsstatut ist gem. Art. 3 Abs. 3 HGA grundsätzlich unteilbar. Für – auch künftig erst zu erwerbende – Grundstücke war gem. Art. 3 Abs. 4 HGA jedoch die Wahl der lex rei sitae zulässig.
Rz. 9
Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, so ist gem. Art. 4 Abs. 1 HGA primär das Recht am ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt (résidence habituelle) der Ehegatten anwendbar. Hatten die Ehegatten keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist gem. Art. 4 Abs. 2 Nr. 3 HGA das gemeinsame Heimatrecht berufen. Lag weder ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt noch eine gemeinsame Staatsangehörigkeit vor, so ist gem. Art. 4 Abs. 3 HGA auf das Recht des Staates abzustellen, zu dem die Ehegatten die engsten Verbindungen hatten.
Rz. 10
Das Güterrechtsstatut ist wandelbar. Eine Rechtswahl bzw. eine Änderung einer getroffenen Rechtswahl war gem. Art. 6 Abs. 1 HGA auch noch während der Ehe möglich. Wählbar war gem. Art. 6 Abs. 2 HGA das Heimatrecht eines Ehegatten (Nr. 1) oder das am gewöhnlichen Aufenthaltsort eines Ehegatten geltende Recht (Nr. 2). Die Änderung des Güterrechtsstatuts hat Rückwirkung und bezieht sich gem. Art. 6 Abs. 3 HGA auf alle Güter der Ehegatten. Für Grundbesitz konnte gem. Art. 6 Abs. 4 HGA wiederum das Recht am Belegenheitsort gewählt werden. Eine gerichtliche Genehmigung der Änderung des Güterrechtsstatuts, wie sie im französischen materiellen Recht für einen Güterstandswechsel ggf. vorgeschrieben ist, war dabei nicht erforderlich. Dies gilt auch, wenn sich mit dem Wechsel des anwendbaren Rechts automatisch der Güterstand veränderte. Allerdings mussten gem. Art. 1397–3 Abs. 2 C.C. und den Art. 1303–1 ff. C.P.C. bestimmte Publizitätsvorschriften, wie Vermerke auf der Heiratsurkunde bzw. die Einschreibung der Rechtswahl im répertoire civil annexe – einem vom Außenministerium geführten Personenstandsregister –, beachtet werden.
Rz. 11
Wollen Ehegatten nicht das Güterrechtsstatut, sondern lediglich ihren Güterstand abändern, so entscheidet über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist, auch unter der Geltung des HGA das Güterrechtsstatut. Bei Anwendbarkeit des französischen Rechts sind folglich die Voraussetzungen des Art. 1397 C.C. zu beachten. Wird der Güterstand unter Anwendung einer fremden Rechtsordnung geändert, so sind wiederum gem. Art. 1397–5 C.C. i.V.m. Art. 1303–3 Abs. 1 C.P.C. bzw. Art. 1303–3 Abs. 2 C.P.C. bestimmte Publizitätserfordernisse zu beachten. Gemäß Art. 1303–6 C.P.C. gelten diese Regelungen auch, wenn der Güterstandswechsel unter Anwendung französischen Rechts im Ausland vereinbart wurde. Art. 1397–3 Abs. 3 C.C. bestimmt im Übrigen, dass die Ehegatten im Rahmen einer Rechtswahl nach Eheschließung auch festlegen konnten, welcher Güterstand für sie maßgeblich sein sollte. Diese Vorschrift wird dahingehend ausgelegt, dass ein Güterstandswechsel ohne weitere Voraussetzungen zulässig ist. Insbesondere wird ohne Rücksicht darauf, ob das französische Recht ursprüngliches oder neues Güterrechtsstatut ist, keine gerichtliche Genehmigung nach Art. 1397 C.C. mehr verlangt.
Rz. 12
Haben Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, so kann sich das Güterrechtsstatut während der Ehe auch automatisch ändern. Gemäß Art. 7 Abs. 2 HGA wird statt des vorher aufgrund der bei Eheschließung bestehenden Umstände anwendbaren Rechts das Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort anwendbar, wenn die Ehegatten nach Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihren gemeinsamen Heimatstaat verlegen (Nr. 1), wenn sie nach Eheschließung zehn Jahre gemeinsam in einem Land gelebt haben (Nr. 2) oder wenn sie im Fall des Art. 4 Abs. 2 Nr. 3 HGA einen gemeinsamen Aufenthaltsort erstmals begründen. Der Wandel des Güterrechtsstatuts wirkt – vorbehaltlich einer ande...