I. Das deutsch-französische Doppelbesteuerungsabkommen
Rz. 224
Am 12.10.2006 wurde zwischen Frankreich und Deutschland ein Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Der Deutsche Bundestag hat am 14.6.2007 dem deutschen Umsetzungsgesetz zugestimmt, von französischer Seite erfolgte die Zustimmung mit Zustimmungsgesetz vom 26.2.2009. Das Abkommen ist am Tag nach dem am 2.4.2009 erfolgten Austausch der Ratifikationsurkunden, also am 3.4.2009, in Kraft getreten. Es gilt auf deutscher Seite nach Art. 1 Abs. 3 DBA für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, nach Art. 1 Abs. 4 DBA jedoch nicht für die Erbersatzsteuer. Auf französischer Seite gilt das DBA für die droits de mutation à titre gratuit gem. Art. 750ter C.G.I.
Rz. 225
Nach Art. 9 DBA erfolgt die Besteuerung grundsätzlich durch den Staat, in dem der Wohnsitz des Erblassers bzw. Schenkers liegt. Der Wohnsitz einer natürlichen Person liegt nach Art. 4 Abs. 2 DBA in erster Linie in dem Staat, in dem er über eine ständige Wohnstätte verfügt. Trifft dies für beide Staaten zu, so ist entscheidend der Mittelpunkt der Lebensinteressen, hilfsweise der gewöhnliche Aufenthalt, wiederum hilfsweise die Staatsangehörigkeit, bei doppelter Staatsangehörigkeit erfolgt eine einvernehmliche Regelung zwischen den Behörden.
Rz. 226
Abweichend hiervon kann unbewegliches Vermögen nach Art. 5 Abs. 1 DBA auch am Belegenheitsort besteuert werden. Der Begriff des unbeweglichen Vermögens richtet sich – nach Art. 5 Abs. 5 DBA auch für unbewegliches Betriebsvermögen – nach den Bestimmungen am Belegenheitsort; nach Art. 5 Abs. 3 DBA gehören hierzu jedoch auch Gesellschaftsanteile, wenn das Vermögen zu mehr als der Hälfte aus Immobilien in einem Vertragsstaat besteht, wobei selbstgenutzte Betriebsgrundstücke außer Betracht bleiben. Zum Immobiliarvermögen gehört nach Art. 5 Abs. 4 DBA eine Immobilie auch dann, wenn sie Gesellschaften oder juristischen Personen gehört, an denen der Erblasser wiederum allein oder zusammen mit seinem Ehegatten, Verwandten in gerader Linie oder Geschwistern unmittelbar oder mittelbar über Zwischenorganisationen mehr als die Hälfte der Anteile hält. Bewegliches Betriebsvermögen, das sich im Nachlass einer Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat befindet, aber Betriebsvermögen einer Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat ist, kann nach Art. 6 DBA von Letzterem besteuert werden.
Rz. 227
Der Schuldenabzug ist geregelt in Art. 10 DBA. Nach Art. 11 DBA wird eine Doppelbesteuerung grundsätzlich wie folgt vermieden: Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat, so besteuert dieser das gesamte Vermögen des Erblassers, rechnet auf die Steuer jedoch den Betrag an, der nach den vorstehenden Regelungen im anderen Vertragsstaat besteuert werden kann, wobei sich jedoch ein ggf. höheres Steuerniveau im anderen Vertragsstaat nicht steuermindernd auswirken darf. Die Anrechnung erfolgt nach den jeweiligen nationalen Vorschriften, also nach Art. 784 A C.G.I. bzw. § 21 ErbStG.
II. Beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 228
Das nationale französische Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ist in den Art. 750ter ff. C.G.I. geregelt.
1. Unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 229
Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht liegt nach Art. 750ter C.G.I. vor, wenn der Erblasser seinen steuerlichen Wohnsitz (domicile fiscal) i.S.d. Art. 4 B C.G.I. im Todeszeitpunkt in Frankreich hat. Der steuerliche Wohnsitz liegt in Frankreich, wenn der Betreffende eine Wohnung in Frankreich unterhält und sich mehr als sechs Monate im Jahr dort aufhält. Die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht führt zur Besteuerung des gesamten Nachlasses, unabhängig, ob sich dieser in Frankreich oder im Ausland befindet. Unbeschränkte Steuerpflicht liegt auch vor, wenn der Erbe seinen steuerlichen Wohnsitz in Frankreich hat und dieser steuerliche Wohnsitz mindestens sechs Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall bestanden hat.
2. Beschränkte Steuerpflicht
Rz. 230
Ist der Erblasser mangels steuerlichen Wohnsitzes in Frankreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig, so unterliegen nach Art. 750ter C.G.I. die in Frankreich belegenen Nachlassgegenstände der Erbschaftsteuerpflicht. In Frankreich belegenes Immobiliarvermögen (mit Ausnahme von eigenbetrieblich genutzten Grundstücken) unterliegt auch dann der französischen Erbschaftsteuer, wenn der Erblasser an diesem über eine oder mehrerer Zwischengesellschaften beteiligt ist, an denen er wiederum allein oder gemeinsam mit Ehegatten, Vorfahren, Abkömmlingen oder Geschwistern mehr als die Hälfte der Anteile hält. In Frankreich belegen sind auch Beteiligungen an Gesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben und nicht an einer Börse notiert sind, wenn das Gesellschaftsvermögen zu mehr als 50 % aus in Frankreich belegenen unbewegl...