aa) Allgemeines
Rz. 115
Seit 1965 ist die sog. participation aux aquêts, die dem deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ähnlich ist, in den Art. 1569–1581 CC gesetzlich normiert. Die Teilhabe am Zugewinn war auch in Frankreich als gesetzlicher Güterstand im Gespräch, konnte sich jedoch – nicht zuletzt wegen der traditionellen Verbundenheit des französischen Rechts mit den Gesamtgutgüterständen – nicht durchsetzen. Bis heute spielt dieser Güterstand in Frankreich nur eine untergeordnete Rolle. Die in der deutschen Praxis unter dem Begriff "modifizierte Zugewinngemeinschaft" geläufige Gestaltungen, wie z.B. der Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Beendigung des Güterstandes anders als durch Tod eines Partners oder die Herausnahme bestimmter Güter aus dem Zugewinnausgleich, werden inzwischen auch in Frankreich diskutiert. Interessant und aus deutscher Sicht schwer verständlich ist in diesem Zusammenhang eine neues höchstrichterliches Urteil vom 18.12.2019, wonach die Herausnahme bestimmter Vermögensteile aus dem Zugewinn (im entschiedenen Fall handelte es sich um Betriebsvermögen) gerade nicht für den Scheidungsfall gilt. Begründet wurde dies mit der Vorschrift des Art. 265 Abs. 2 CC, wonach alle güterrechtlichen Vorteile (avantages matrimoniaux; siehe Rdn 108 ff., 123, 179), die gerade für den Fall der Beendigung des Güterstandes – insbesondere durch Tod eines Ehegatten – vereinbart wurden, im Falle der Scheidung erlöschen, es sei denn, es liegt ein anderer Wille der Ehegatten vor, wobei unklar bleibt, ob dieser entgegengesetzte Wille bereits im Ehevertrag oder erst anlässlich der Scheidung erklärt werden kann. Die "modifizierte Zugewinngemeinschaft" wird damit in Frankreich voraussichtlich eher bedeutungslos werden.
bb) Wirkungen
Rz. 116
Gemäß Art. 1569 Abs. 1 S. 1 und 2 CC gilt während des Bestehens der Ehe Gütertrennung. Erst bei Auflösung der Ehe ist der Zugewinn jedes Partners gem. Art. 1569 Abs. 1 S. 3, 1575 Abs. 1 CC durch Vergleich von Anfangs- und Endvermögen zu errechnen und gem. Art. 1575 Abs. 2 CC nach Saldierung vom überschießenden Teil des Zugewinns des einen Ehegatten dem anderen Ehegatten die Hälfte als Ausgleich zu gewähren. Gemäß Art. 1575 Abs. 1 S. 1 CC ist der Zugewinn mindestens Null. Jeder Ehegatte hat das Recht, bereits während der Ehe seinen ggf. bei Beendigung der Ehe entstehenden Ausgleichsanspruch gem. Art. 2402 CC durch eine Legalhypothek am Grundbesitz des anderen sichern zu lassen. Gemäß Art. 1569 Abs. 2 S. 2 CC ist der Zugewinnausgleich auch beim Tod eines Ehegatten durchzuführen. Es gibt keine § 1371 BGB vergleichbare Sonderregelung.
cc) Das Anfangsvermögen
Rz. 117
Zum Anfangsvermögen (patrimoine originaire) jedes Ehegatten gehören gem. Art. 1570 Abs. 1 S. 1 CC die im Zeitpunkt der Eheschließung vorhandenen Vermögenswerte. Dem Anfangsvermögen werden ferner während der Ehe durch Schenkung oder Erbfolge erworbene Werte und die Güter, die beim gesetzlichen Güterstand Eigengut kraft Eigenart gem. Art. 1404 CC bilden, hinzugerechnet. Nicht berücksichtigt werden gem. Art. 1570 Abs. 1 S. 2 CC die aus dem Anfangsvermögen während der Ehe verschenkten Gegenstände und die Erträge des Anfangsvermögens.
Rz. 118
Der Nachweis des Anfangsvermögens wird gem. Art. 1570 Abs. 2 CC durch eine von beiden Partnern unterschriebene Vermögensaufstellung, hilfsweise gem. Art. 1570 Abs. 3 CC durch die in Art. 1402 CC vorgesehenen Mittel geführt. Im Übrigen wird vermutet, dass das Anfangsvermögen Null ist.
Rz. 119
Für die Bewertung des Anfangsvermögens wird gem. Art. 1571 Abs. 1 CC der Zustand der Gegenstände zur Zeit der Eheschließung bzw. des Erwerbs, jedoch ihr Wert zur Zeit der Auflösung des Güterstandes bzw. zur Zeit einer Veräußerung zugrunde gelegt. Verbindlichkeiten sind nach Art. 1571 Abs. 2 CC abzuziehen, ihre Bewertung erfolgt entsprechend Art. 1469 CC. Das Anfangsvermögen ist mindestens Null, ein negativer Betrag wird jedoch fiktiv beim Endvermögen berücksichtigt.
dd) Das Endvermögen
Rz. 120
Das Endvermögen (patrimoine final) bilden gem. Art. 1572 Abs. 1 S. 1 CC die nach Schuldenabzug (Art. 1574 Abs. 2 CC) bei Beendigung des Güterstandes vorhandenen Werte sowie die Güter, über die ein Ehegatte durch Verfügung von Todes wegen disponiert hat, und die Forderungen, die einem Ehegatten gegen den anderen zustehen. Ferner zählen hierzu gem. Art. 1573 S. 1 CC Gegenstände, die nicht Teil des Anfangsvermögens waren und die ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen unter Lebenden verschenkt oder in Benachteiligungsabsicht entgeltlich veräußert hat.
Rz. 121
Der Umfang des Endvermögens wird gem. Art. 1572 Abs. 2 S. 1 CC wie beim Anfangsvermögen durch ein Vermögensverzeichnis bewiesen, da...