1. Verfahrensarten
Rz. 209
Das gerichtliche Scheidungsverfahren ist geregelt in Art. 248 ff. CC. Ergänzend gelten die Art. 1070 ff. CPC. Bei der einvernehmlichen gerichtlichen Scheidung handelt es sich nach Art. 1088 CPC um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (matière gracieuse), bei den anderen gerichtlichen Scheidungsarten um Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit.
2. Zuständigkeit
Rz. 210
Sachlich zuständig zur Entscheidung über die Scheidung ist gem. Art. L 213–3 Abs. 2 Nr. 2 Code de l’organisation judiciaire das Tribunal judiciaire, das grds. durch einen Familienrichter als Einzelrichter entscheidet (juge aux affaires familiales). Der Familienrichter kann nach Art. L 213–4 Abs. 1 Code de l’organisation judiciaire die Angelegenheit an das Kollegium durch nicht anfechtbare Entscheidung verweisen, auf Verlangen einer Partei ist er hierzu nach Art. L 213–4 Abs. 2 Code de l’organisation judiciaire verpflichtet. Örtlich zuständig ist gem. Art. 1070 CPC das Gericht am Familienwohnort im Zeitpunkt des Scheidungsantrags, bei getrennt lebenden Ehegatten mit minderjährigen Kindern und gemeinsamem Sorgerecht das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Kinder, bei alleinigem Sorgerecht das Gericht am Wohnort des sorgeberechtigten Ehegatten, in allen anderen Fällen das Gericht am Wohnort des Antragsgegners. Bei der einvernehmlichen gerichtlichen Scheidung können die Ehegatten bei Getrenntleben zwischen den für ihre Wohnorte zuständigen Gerichten frei wählen.
3. Verfahren bei einvernehmlicher gerichtlicher Scheidung
a) Scheidungsantrag, Ladung
Rz. 211
Bei der einvernehmlichen gerichtlichen Scheidung wird gem. Art. 1089 CPC ein gemeinsamer Scheidungsantrag beim Gericht eingereicht. Dabei ist anwaltliche Vertretung erforderlich, wobei sich die Ehegatten gem. Art. 250 Abs. 1 CC auf einen gemeinsamen Rechtsanwalt einigen können, was in der Praxis – insbesondere aus Kostengründen – in mehr als 90 % der einvernehmlichen gerichtlichen Scheidungen bisher der Fall war.
Rz. 212
Der Scheidungsantrag muss nach Art. 1090 Abs. 1 Nr. 1 CPC Namen und Vornamen, Berufe, Wohnort, Nationalität, Geburtsdatum jedes Ehegatten, Heiratsort und -datum und Angaben zu gemeinsamen Kindern enthalten. Ferner sind nach Art. 1090 Abs. 1 Nr. 2, 1075 CPC die Krankenkasse sowie die zuständigen Sozialversicherungsträger und Träger der Altersversorgung anzugeben. Aufzuführen ist ferner nach Art. 1090 Abs. 1 Nr. 3 CPC der Name des gemeinsamen bzw. des jeweils beauftragten Rechtsanwalts. Der Scheidungsantrag ist von beiden Ehegatten sowie dem Rechtsanwalt bzw. den Rechtsanwälten (Art. 1090 Abs. 2 CPC) zu unterschreiben. Als Anlage ist nach Art. 1091 CPC die geschlossene Scheidungsvereinbarung beizufügen sowie bei Vorhandensein minderjähriger gemeinschaftlicher Kinder das Formular, durch das diese über ihr Recht, durch den Familienrichter angehört zu werden, informiert wurden und in dem diese auf ihrem Recht auf Anhörung bestanden haben.
Rz. 213
Nach Art. 1092 CC werden nach Anhörung der Kinder die Ehegatten durch den Richter durch einfachen Brief mit einer Frist von mindestens 15 Tagen zum Gericht vorgeladen.
b) Scheidungstermin
Rz. 214
Im Termin selbst wird nach Art. 250 CC, 1099 CPC die Scheidung durch die Anwälte der Parteien oder den gemeinsam gewählten Anwalt erläutert. Der Richter bespricht anschließend die Scheidung mit jedem Ehegatten einzeln und dann mit ihnen gemeinsam. Anschließend werden der oder die Anwälte zur Verhandlung zugezogen. Der Richter hat dabei insbesondere zu erforschen, ob die Scheidung dem freien Willen der Ehegatten entspricht, er hat ferner über die Scheidungsfolgen zu belehren (Art. 1099 Abs. 1 CPC).
c) Scheidungsurteil
Rz. 215
Liegen die Scheidungsvoraussetzungen vor, genehmigt der Richter gem. Art. 250–1 CC, 1099 Abs. 3 CPC in der Regel im selben Termin die Scheidungsvereinbarung und spricht die Scheidung aus. Nach Art. 1099 Abs. 2 CC kann der Richter mit Einverständnis der Ehegatten und der beteiligten Rechtsanwälte die Scheidungsvereinbarung im Termin abändern, wenn diese nach seiner Auffassung die Interessen eines Ehegatten oder der Kinder nicht ausreichend berücksichtigt.
d) Ablehnung der Scheidung, weiteres Verfahren
Rz. 216
Genehmigt der Richter die Scheidungsvereinbarung nicht, lehnt er nach Art. 1100 Abs. 1 CPC durch Verfügung den Ausspruch der Scheidung ab. Eine neue Scheidungsvereinbarung muss nach Art. 250–2 Abs. 2 CC innerhalb von sechs Monaten vorgelegt werden. Hierüber sind die Ehegatten nach Art. 1100 Abs. 2 CPC in der richterlichen Verfügung zu belehren. Die Verfügung hat ferner aufzuführen, unter welchen Voraussetzungen der Richter die Scheidung auszusprechen beabsichtigt. Wird keine neue Scheidungsvereinbarung vorgelegt oder auch die zweite vom Richter nicht genehmigt, ist das Scheidungsverfahren nach Art. 250–3 CC, 1101 CPC hinfällig.
Rz. 217
Im Einverständnis mit den Ehegatten kann der Richter i.Ü. vorläufige Maßnahmen nach Art. 250–2 Abs. 1, 254, 255 CC (siehe Rdn 226) ergreifen, sofern diese nicht den Interessen von Kindern widersprechen.
4. Andere Scheidungsarten
a) Vorverfahren, Anwaltszwang
Rz. 218
Bei den anderen Formen der gerichtlichen Scheidung muss zunächst eine Art Vorverfahren durchgeführt werden. Hierzu ist nach Art. 251 CC, 1106 CPC über einen Re...