I. Überblick über das Gründungsverfahren

1. Rechtslage vor Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags

 

Rz. 7

Das Gründungsverfahren[5] wird dadurch in Gang gesetzt, dass die potentiellen Gesellschafter Verhandlungen über die Gründung der Gesellschaft aufnehmen, deren Abbruch ohne Auswirkungen ist. Sie können – sofern über die wesentlichen Punkte des Gesellschaftsvertrags Einigung besteht – in einen Vorvertrag (promesse de société) münden, dessen Verletzung zu Schadensersatzansprüchen unter den Beteiligten führen kann. Ab dem Zeitpunkt, in dem sich die Beteiligten (formlos) darüber einig sind, eine SARL zu gründen, gilt – auch wenn der Gesellschaftsvertrag noch nicht unterzeichnet ist – aus gesellschaftsrechtlicher Sicht bereits die Bestimmung des Art. L 210–6 C.com., der die Überleitung von vor der Eintragung eingegangenen Verpflichtungen auf die SARL nach deren Eintragung regelt (siehe Rdn 54 ff.). Die französische Finanzverwaltung dagegen verlangt hierfür die Vornahme von Maßnahmen mit Wirkung gegenüber Dritten (z.B. die Einzahlung der Bareinlage oder die Bestellung eines Wirtschaftsprüfers).[6]

[5] Statt einer Neugründung einer SARL ist es auch möglich, die Geschäftsanteile einer bereits existierenden Gesellschaft zu erwerben, welche nur zum Zwecke der Verwendung als Mantelgesellschaft gegründet wurde. Es besteht auch die Möglichkeit, einen professionellen Dienstleister mit der Erledigung der Gründungsformalitäten zu beauftragen.
[6] Vgl. zum Ganzen Cannu/Dondero, Droit des sociétés, Rn 311 m.w.N.

2. Abschluss des Gesellschaftsvertrags, Gesellschaft in Gründung

 

Rz. 8

Die SARL wird durch Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags (contrat de société) durch die Gesellschafter (associés) gegründet, bei der Ein-Mann-Gründung handelt es sich dabei um eine einseitige Willenserklärung. Ab der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung im Handelsregister besteht eine Gesellschaft in Gründung (société en formation); zur Haftung in diesem Stadium siehe Rdn 54 ff.

3. Registrierung bei der zuständigen Steuerbehörde

 

Rz. 9

Nach Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags muss der Gründungsvorgang unter Beifügung des Gesellschaftsvertrags gem. Art. 635 Abs. 1 Nr. 5, Art. 638 A Code général des impôts (C.G.I.) innerhalb eines Monats der zuständigen Steuerbehörde angezeigt werden, da auf bestimmte Sacheinlagen (nicht Bareinlagen) eine Registersteuer i.H.v. bis zu 5 % erhoben wird. Dies gilt z.B. für den Fall, dass ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht, ein Kundenstamm oder ein gewerblicher Mietvertrag durch eine nichtkörperschaftsteuerpflichtige Person in eine körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaft (wie z.B. eine SARL) im Wege der Sacheinlage eingebracht wird. Die Registersteuer muss ebenfalls innerhalb eines Monats entrichtet werden; die verspätete Zahlung hat Säumniszuschläge i.H.v. 0,4 % pro Monat, insgesamt maximal 10 %, zur Folge.[7]

[7] Vgl. zum Ganzen Charvériat/Couret/Zabala/Mercadal, Sociétés commerciales, Rn 2590, 2940 ff.

4. Veröffentlichung einer Gründungsanzeige

 

Rz. 10

Darüber hinaus ist nach Art. R 210–3 Abs. 1 C.com. eine Mitteilung über die Gründung der Gesellschaft in einem amtlichen Mitteilungsblatt zu veröffentlichen, das in dem Département des Gesellschaftssitzes erscheint.[8] Die Mitteilung hat nach Art. R 210–4 C.com. folgenden zwingenden Inhalt:

Rechtsform, Firma, Sitz und Anschrift, Unternehmensgegenstand, Dauer und Höhe des Stammkapitals der Gesellschaft;
Name, Vorname und Anschrift der Gesellschafter, Organmitglieder sowie des zuständigen Wirtschaftsprüfers (commissaire aux comptes) und etwaiger Generalbevollmächtigter;
zuständiges Handelsregister.
 

Rz. 11

Die Mitteilung ist nach Art. R 210–3 Abs. 2 C.com. durch einen der Gründungsgesellschafter zu unterschreiben, dem hierzu – i.d.R. im Gesellschaftsvertrag – eine Spezialvollmacht erteilt wird. Wurde der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet, wird die Anzeige durch den Notar erstattet. Eine Frist für die Veröffentlichung der Gründungsanzeige besteht nicht; die Anzeige ist jedoch Voraussetzung für die Handelsregistereintragung. Ausreichend ist es, der Handelsregisteranmeldung einen Nachweis über die bevorstehende Veröffentlichung (etwa in Form einer Bestätigung des Verlags samt der zu veröffentlichenden Mitteilung) beizufügen. Das tatsächliche Erscheinen der Anzeige muss nicht abgewartet werden.[9]

[8] Unter www.infogreffe.fr sind unter der Rubrik "Formalités", Unterrubrik "Guide des Formalités" zahlreiche nützliche Informationen abrufbar, darunter auch eine Liste der zugelassenen Mitteilungsblätter.
[9] So Charvériat/Couret/Zabala/Mercadal, Sociétés commerciales, Rn 5640.

5. Anmeldung zum Handelsregister und Eintragung

 

Rz. 12

Anschließend ist die Gesellschaft zum Handelsregister anzumelden und die Eintragung zu beantragen (siehe im Einzelnen Rdn 75 ff.). Erst durch die konstitutive Eintragung im Handelsregister erlangt die Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit. Der Antrag ist nach Art. R 123–4, Art. R 123–6 C.com. grundsätzlich bei dem am Sitz der Gesellschaft zuständigen Centre de Formalités des Entreprises (CFE) einzureichen. Diese Zentren wurden geschaffen, um die Prüfung der bei Unternehmensgründungen zu beachtenden Formalitäten bei einer Behörde zu konzentrieren und dadurch die Gründung zu beschleunigen, vgl. Art. R 123–1 C...

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