1 Leitsatz
Die Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB beginnt erst mit Eintritt des Vorkauffalls, also mit Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags, zu laufen.
2 Das Problem
Das Baugesetzbuch enthält eine Reihe gesetzlicher Vorkaufsrechte. Diese gesetzlichen Vorkaufsrechte sind anders als die durch Vertrag vereinbarten Vorkaufsrechte nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Sie sind aber von erheblicher Bedeutung für jeden, der eine Immobilie verkaufen will. Das Wichtigste dieser gesetzlichen Vorkaufsrechte der Gemeinde ist das sog. Allgemeine Vorkaufsrecht des § 24 BauGB. Es gilt beispielsweise bei Flächen, für die im Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist oder ein Wohnbaurecht besteht oder im Flächennutzungsplan eine spätere Nutzung für Wohnbauzwecke dargestellt ist.
Das Vorkaufsrecht ist fristgebunden. Es muss nach § 28 Abs. 2 BauGB binnen 2 Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags an die Gemeinde ausgeübt werden. Die Wirksamkeit eines Kaufvertrags hängt bei Abschluss aber oft noch in der Luft, da eine ganze Reihe zivil- und öffentlich-rechtlicher Bedingungen noch nicht erfüllt sind. So fehlte in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall die sanierungsrechtliche Genehmigung. Eine solche Genehmigung ist bei Grundstücken, die in einem von der Gemeinde förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegen, nach § 144 Abs. 2 BauGB erforderlich.
3 Die Entscheidung
Kernpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Aussage, dass ein wirksamer Kaufvertrag, der den Fristenlauf des § 28 Abs. 2 BauGB auslöst, erst dann vorliegt, wenn alle nach zivil- oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen erteilt worden sind. Das Bundesverwaltungsgericht verweist hierzu auf § 463 BGB, der die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts im Privatrecht regelt. Dieser Paragraf bestimmt, dass das Entstehen des Rechts zur Ausübung des Vorkaufsrechts an das Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrags geknüpft ist. Das ist erst dann der Fall, wenn auch die für die Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigungen erteilt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt können Verkäufer und Käufer den Vertrag willkürlich aufheben und damit das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen; denn der Vorkaufsberechtigte hat kein Recht auf den Eintritt des Vorkaufsfalls. Die Zweimonatsfrist des § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB beginn daher erst mit der Wirksamkeit des Kaufvertrags zu laufen. Dass für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. BauGB Abweichendes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Auch die Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB beginnt mithin erst mit Eintritt des Vorkaufsfalls, also mit Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags.
4 Entscheidung
BVerwG, Beschluss v. 28.8.2020, 4 B 3.20