1 Leitsatz
Die nachhaltige Weigerung des Mieters, aus der Wohnung zeitweise auszuziehen und Maßnahmen zu einer von ihm zu vertretenden Schädlingsbekämpfung zu dulden, stellt einen wichtigen Grund dar, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung insbesondere dann berechtigt, wenn die Duldungspflicht bereits tituliert war.
2 Normenkette
§§ 543, 546, 573, 985 BGB
3 Das Problem
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich und fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 BGB).
4 Die Entscheidung
In dem vom AG München entschiedenen Fall beschwerten sich Bewohner des Anwesens über Geruchsbelästigung aus der Wohnung des Mieters. Dabei wurde ein starker Befall durch Speckkäfer im Treppenhaus des Anwesens festgestellt und die Wohnung des Mieters mit großer Wahrscheinlichkeit als dessen Quelle ausgemacht. Im daraufhin angestrengten Verfahren vor dem AG München wurde eine einstweilige Verfügung des Inhalts erlassen, dass der Mieter die zur Bekämpfung der Speckkäfer erforderlichen Maßnahmen dulden muss.
Bei Vollstreckung dieser einstweiligen Verfügung wurden neben Speckkäfern auch weitere Schädlinge sowie Schädlingsspuren und in den Zimmern der Wohnung große Mengen an Müllsäcken festgestellt. Zudem wurde festgestellt, dass zur Schädlingsbeseitigung in der Wohnung größere Sanierungsarbeiten erforderlich sind, die einen Auszug des Mieters für ca. 6 Wochen erforderlich machten. Die Vermieterin forderte die Mieterin unter Kündigungsandrohung erfolglos auf, die erforderlichen Maßnahmen zu dulden und die Wohnung für den Zeitraum der Maßnahmen zu räumen. Die Mieterin machte die zeitweise Räumung von der Stellung einer kostenfreien Ersatzunterkunft abhängig. Daraufhin kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis aufgrund der beharrlichen Weigerung der Mieterin, der Vermieterin bzw. von ihr beauftragten Personen Zutritt zur Wohnung zu gewähren und die Schädlingsbekämpfung erforderlichen Maßnahmen zu dulden. Der anschließend erhobenen Räumungsklage wurde vom AG München stattgegeben.
Die Kündigung der Vermieterin ist begründet, da die nachhaltige Weigerung der Mieterin, aus der Wohnung zeitweise auszuziehen und die Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung zu dulden, einen wichtigen Grund i. S. v. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt, der die Vermieterin zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Tatsache, dass die Mieterin den Speckkäferbefall zu vertreten hat, ist das Gericht bei Abwägung der gegenseitigen Interessen zu dem Ergebnis gekommen, dass der Vermieterin die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
5 Entscheidung
AG München, Urteil v. 2.8.2022, 420 C 3852/22