Leitsatz

  1. Über die inhaltliche Ausgestaltung des Verwaltervertrags, etwa Änderung einer Vertragsklausel, beschließt die Versammlung der Eigentümer nach § 21 Abs. 3 WEG
  2. Bei individualvertraglichen Regelungen im Verwaltervertrag ist im Hinblick auf das bestehende Ermessen der Wohnungseigentümer und die Grundsätze der Vertragsfreiheit ein nicht zu kleinlich zu bemessender Spielraum zuzugestehen
  3. Die Führung eines Verwaltungskontos als offenes Fremdkonto im Hinblick auf die Sicherheit des Verwaltungsvermögens bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und im Insolvenzfall weist entscheidende Rechtsvorteile für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, 27 Abs. 5 WEG

 

Das Problem

Die Wohnungseigentümer ändern durch Beschluss den Verwaltervertrag. Die Verwalterin soll nunmehr berechtigt und verpflichtet sein, zur Verwaltung der eingenommenen Gelder "ein Bankkonto in Form eines Treuhandkontos"anstatt – wie bisher – "Bankkonten in Form offener Fremdkonten" einzurichten. Wohnungseigentümer W geht gegen diesen Beschluss – vor allem unter Hinweis auf § 27 Abs. 5 WEG – vor.

§ 27 Abs. 5 WEG

(5) Der Verwalter ist verpflichtet, eingenommene Gelder von seinem Vermögen gesondert zu halten. Die Verfügung über solche Gelder kann durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden.

 

Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Der Beschluss sei allerdings nicht mangels Beschlusskompetenz nichtig. Wohnungseigentümern fehle zwar ohne eine gesetzliche oder vereinbarte Öffnungsklausel die Kompetenz, gesetzliche Bestimmungen durch Beschluss abzubedingen. Darum gehe es aber nicht. Beschlussgegenstand sei nicht die Änderung von § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG gewesen, sondern die Abgabe einer auf die Änderung des Verwaltervertrags gerichteten Willenserklärung. Über die inhaltliche Ausgestaltung des Verwaltervertrags beschließe aber die Versammlung der Eigentümer nach § 21 Abs. 3 WEG.
  2. Ob der Beschluss über die Änderung einer Vertragsklausel unter Berücksichtigung der in § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG geregelten Pflicht zur getrennten Vermögensverwaltung gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoße und deswegen für ungültig zu erklären sei, sei eine andere Frage, die hier zu bejahen sei. Aus inhaltlichen Gründen könne der Beschluss, der einen abzuschließenden Verwaltervertrag – oder wie hier eine beabsichtigte Vertragsänderung – billigt, ganz oder teilweise für ungültig zu erklären sein. Zwar seien die Parteien in der Gestaltung des Vertrags grundsätzlich frei. Jedoch würden die allgemeinen Schranken des Vertragsrechts gelten. Andere Mängel, die nicht kraft Gesetzes zur Nichtigkeit der betreffenden Klausel führen, können die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründen, auf dem der Abschluss des Verwaltervertrags beruht. In Betracht komme insbesondere der Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, ein Widerspruch zu der zwischen den Wohnungseigentümern geltenden Gemeinschaftsordnung oder – bei Formularklauseln – ein Verstoß gegen §§ 305 ff. BGB.
  3. Der Versammlung der Eigentümer sei bei individualvertraglichen Regelungen im Verwaltervertrag im Hinblick auf das bestehende Verwaltungsermessen der Wohnungseigentümer und die Grundsätze der Vertragsfreiheit ein nicht zu kleinlich zu bemessender Spielraum zuzugestehen. Nicht jedes Abrücken von der "Optimalposition" könne sogleich einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung zur Folge haben. So müsse bei Bestellung eines Verwalters, verbunden mit dem Abschluss eines Verwaltervertrags, z.B. nicht der günstigste Anbieter gewählt werden; liege aber eine erhebliche Preisdifferenz vor, müssten für die Auswahl sachliche Gründe vorliegen.
  4. Ob die Führung eines offenen Treuhandkontos zur Trennung der Vermögen nach Anerkennung der "Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft" generell nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, müsse nicht entschieden werden. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass die Trennung der Vermögen auch mit einem "offenen Treuhandkonto" noch gewährleistet werden könne, weise die Führung des Verwaltungskontos als offenes Fremdkonto im Hinblick auf die – mit der Vermögenstrennung gerade bezweckte – Sicherheit des Verwaltungsvermögens bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und im Insolvenzfall jedenfalls entscheidende Rechtsvorteile für die Wohnungseigentümergemeinschaft auf. Es bestehe keine sachliche Rechtfertigung dafür, auf diese Vorteile zu verzichten. Die ständige Zusammenarbeit der Verwalterin mit einer ortsansässigen Bank, die für Wohnungseigentümergemeinschaften keine Fremdkonten anbietet, sei in einer Stadt wie Kassel, die gerichtsbekannt mehrere ortsansässige Banken biete, jedenfalls ebenso wenig ein Grund für die Kontoführung in Form eines "offenen Treuhandkontos" wie eine etwaige geringfügige Kosteneinsparung.
  5. Maßgebend seien 2, jeweils für sich genommen bereits durchgreifende Gesichtspunkte. Zum einen sei die Führung eines "Treuhandko...

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