Zusammenfassung
Wenn der Gläubiger Kenntnis von einer Herabsetzung der Hafteinlage hat, kann er etwaige Ansprüche gegen den Kommanditisten wegen einer Einlagerückgewähr nur innerhalb von fünf Jahren geltend machen. Auf die Eintragung der herabgesetzten Hafteinlage kommt es dann nicht an.
Hintergrund
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der insolventen Gesellschaft. Die Beklagte (bzw. der Erblasser) erhielt Ausschüttungen. Die Gesellschafter der insolventen Gesellschaft beschlossen im Dezember 2012 im Zuge eines Sanierungskonzepts, die Hafteinlagen der Kommanditisten um die Summe der erhaltenen Ausschüttungen zu verringern und die Hafteinlagen sodann auf 10 % des sich hieraus ergebenden Betrags herabzusetzen. Die Hauptgläubiger, denen berechtigte Forderungen gegen die insolvente Gesellschaft zustehen, hatten Kenntnis sowohl von den Sanierungsüberlegungen als auch der Beschlussfassung. Die Herabsetzung des Haftkapitals wurde im Juli 2013 eingetragen. Der Kläger reichte erst im März 2018 Klage ein.
Die Beklagte wurde erstinstanzlich zur Zahlung verurteilt, da eine Rückzahlung der Einlage erfolgt sei (§§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB). Im Wesentlichen streiten sich die Parteien im Rahmen des Berufungsverfahrens darüber, ob eine Haftung ausscheidet, weil die Haftsumme zwischenzeitlich herabgesetzt wurde.
Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg vom 31.01.2020, Az. 11 U 90/19
Kommanditisten haften den Gläubigern der Gesellschaft nach § 171 Abs. 1 HGB unmittelbar bis zur Höhe der (im Handelsregister einzutragenden) Hafteinlage, soweit diese nicht geleistet ist. Im Insolvenzverfahren werden die Ansprüche vom Insolvenzverwalter geltend gemacht, § 171 Abs. 2 HGB. Bei Rückzahlungen der Hafteinlage lebt die Haftung nach § 172 HGB wieder auf. Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus, haftet er jedoch nur für fünf Jahre nach dem Ausscheiden (Nachhaftung nach § 160 HGB).
Nach dem Berufungsgericht könne vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund der Ausschüttungen überhaupt eine Außenhaftung gem. §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB treffe. Denn auch wenn diese Voraussetzungen erfüllt wären, könnte vom Kläger eine Außenhaftung der Beklagten wegen Einlagenrückgewähr nicht mehr geltend gemacht werden. Denn die fünfjährige Frist der Nachhaftung gem. § 160 HGB war bereits vor Klageerhebung abgelaufen, und eine Herabsetzung der Haftsumme sei dem Ausscheiden insoweit gleichzustellen.
Die fünfjährige Nachhaftungsfrist beginne auch nicht nur mit Handelsregistereintragung. Vielmehr löse auch die davor bestehende positive Kenntnis der Gläubiger vom (Teil-)Ausscheiden eines Kommanditisten den Fristlauf aus. Denn in beiden Fällen müsse insbesondere verhindert werden, dass sich Gläubiger zweckwidrig auf eine Ihnen ansonsten zustehende formale Rechtsposition berufen könnten. Im vorliegenden Fall hatten die Hauptgläubiger der insolventen Gesellschaft im Dezember 2012 positive Kenntnis von dem Beschluss über die Herabsetzung der Haftsumme.
Anmerkung
Das Urteil überzeugt. Denn wirtschaftlich betrachtet sind das Ausscheiden eines Kommanditisten und die Herabsetzung der Haftsumme vergleichbar.
Das Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Haftsummen möglichst gering zu halten. Selbstverständlich können darüber hinaus weitere Einlagepflichten vereinbart werden, die bei einer Teilrückgewähr in der Regel nicht von den Gläubigern eingefordert werden können. Auch sollte die Einlage vollständig in das Vermögen der Gesellschaft erbracht sein; wie in der GmbH sollten die Nachweise lange (bestenfalls über 30 Jahre) aufgehoben werden. Denn damit kann grundsätzlich die direkte Haftung eines Kommanditisten ausgeschlossen werden.
Auf Grund der Nachhaftung sollte der Kommanditist auch darauf achten, dass er die Gegenleistung für seine Anteile nicht von der KG, sondern immer vom Erwerber erhält – denn ansonsten droht die persönliche Haftung, und das Risiko besteht für fünf Jahre nach dem Ausscheiden fort.