Rdn 1976

 

Literaturhinweise:

Beck/Löhle, Fehlerquellen bei Geschwindigkeitsmessungen, DAR 1994, 465

Fromm/Lüders/Steinbach, Zuordnung des Messwertes zu einem Fahrzeug mit der Geschwindigkeitsmessanlage eso Typ ES 3.0, VRR 2010, 212

Plöckl, Geschwindigkeitsmessung mit Dreifach-Lichtschrankengerät ESO, DAR 1992, 158

Schmuck/Steinbach, Neues von der Geschwindigkeitsmessanlage ESO Typ ES 3.0?, NZV 2010, 285

Thiele, Die Speicherung von Zusatzdaten" bei Geschwindigkeitsmessungen unter eichrechtlichen Gesichtspunkten, DAR 2020, 614; Wimmer, Erfahrungsbericht über das Einseitensensor-Geschwindigkeitsmessgerät ES1.0, PVT 2002, 162; Winter, Einseitensensor ES1.0, PVT 2005, 1; s. auch die Hinw. bei → Geschwindigkeitsüberschreitung, Allgemeines, Rdn 1892, und bei → Geschwindigkeitsüberschreitung, Messverfahren, Allgemeines, Rdn 1922.

 

Rdn 1977

1. Die Einseitensensoren der Fa. eso/Kistler stellen die technische Weiterentwicklung der klassischen Lichtschrankenmessverfahren dar und sind von der PTB in der Gerätegeneration ES 1.0, ES 3.0 und ES 8.0 zugelassen bzw. baumustergeprüft. Der Einseitensensor ES 1.0 befindet sich nach hiesiger Kenntnis bereits nicht mehr im Einsatz und wird in diesem Werk daher nicht behandelt.

 

Rdn 1978

Die Einseitensensoren ES 3.0 und ES 8.0 registrieren jeweils mit fünf optischen Sensoren Helligkeitsveränderungen (drei Sensoren zur Ermittlung der Geschwindigkeit, zwei zur Ermittlung des seitlichen Abstandes zum Fahrzeug, zusätzlicher Abstandslaser beim ES 8.0). Der Sensorkopf und die Fahrbahn müssen dabei parallel zueinander sein, was vor dem Messeinsatz mittels Neigungswasserwaage sicherzustellen ist und beim ES 3.0 nach dem Messeinsatz nochmals kontrolliert werden muss. Weiterhin ist beim ES 8.0 die maximal zulässige Aufstellhöhe des Sensors von 1,9 m zu beachten. Die Zuordnung des Messwertes zum gemessenen Fahrzeug erfolgt jeweils über den seitlichen Abstandswert und die Position zur Fotolinie. (vertiefend zur Technik Burhoff/Grün, § 1 Rn 989 ff.).

 

Rdn 1979

2.a) Die von den Sensoren während der Vorbeifahrt aufgezeichneten Helligkeitsverläufe stellen die Rohmessdaten dar und sind beim ES 3.0 in der Falldatei gespeichert. Auch beim ES8.0 wurden bis zur Softwareversion 1.1.02 des Sensorkopfes alle bei der Vorbeifahrt eines Fahrzeugs aufgezeichneten Daten (Rohmessdaten) in der Falldatei abgespeichert. Die Rohmessdaten entsprechen dabei bildlich gesprochen einem "Videofilm" von der Vorbeifahrt des Fahrzeugs am Messgerät. Anhand dieser Daten berechnet das Gerät den Geschwindigkeitswert.

 

Rdn 1980

b) Durch eine sachverständige Auswertung der Rohmessdaten ist eine vom Messgerät unabhängige Überprüfung der vorwerfbaren Geschwindigkeit möglich. Dabei treten regelmäßig nachweisbare Abweichungen von wenigen km/h auf, da bei der geräteinternen Auswertung offenbar nur ein sehr kurzer Datenbereich (Stichwort: "Ein Peak genügt", AG Meißen, Urt. v. 29.5.2015 – 13OWi 703 Js 21114/14; ausführliche Darstellung bei Burhoff/Grün, § 1 Rn 1074) herangezogen wird.

 

Rdn 1981

Darüber hinaus können auch nicht verwertbare Messsituationen auftreten, die nur durch Auswertung der Rohmessdaten erkannt werden können. Hierbei wurde durch sachverständige Aus-wertungen insbesondere die Möglichkeit von Fehlmessungen aufgrund des Einflusses von LED-Leuchten an Fahrzeugen belegt (Burhoff/Grün, §1 Rn 1074 ff.). Außerdem hinaus haben die Untersuchungen gezeigt, dass der Hersteller die vorhandenen Rohmessdaten beim ES 3.0 nutzt, um fehlerhafte Messungen aufgrund des Einflusses von LED-Leuchten nachträglich in der Auswertesoftware (kommentarlos) zu unterdrücken (Grün/Grün/Schäfer/Schäfer, Nur mit Rohmessdaten sind Fehlmessungen aufzudecken), ohne dass hierzu öffentliche Informationen existieren. Die entsprechenden Äußerungen und Darstellungen der PTB sowie des BVST zur Aussagekraft von Rohmessdaten (R.Wynands, Vom Nutzen der Schätzung, oder was bringt uns eine nachträgliche Plausibilisierung? PTB-Mitteilungen 129 (2019), Heft 2, S. 91–96; M. Rehm, "Rohmessdaten" in der amtlichen Verkehrsüberwachung, Fachinformation 1/2021, Bundesverband Verkehrssicherheitstechnik e.V. 15.1.2021) sind technisch daher eindeutig als falsch widerlegt.

 

Rdn 1982

3. Durch die mit Einführung der 3. Revision der Baumusterprüfbescheinigung zugelassene Software 1.1.0.2 des Sensorkopfes beim ES 8.0 werden die der Messung zugrundeliegenden Rohmessdaten nicht mehr gespeichert bzw. werden diese gelöscht/vernichtet, so dass eine eigenständige und unabhängige Überprüfung nicht mehr möglich ist.

 

Rdn 1983

Die Speicherung der Rohmessdaten wird momentan von der PTB aktiv untersagt, was aus technischer Sicht jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Insbesondere auch im Hinblick auf die bereits bewiesene Möglichkeit von Fehlmessungen und den Versuch des Herstellers, entsprechende Fehlmessungen nachträglich in der Auswertesoftware anhand der Rohmessdaten zu unterdrücken. Dieses Verhalten der PTB als Bundesbehörde ist am Ende juristisch zu würdigen (vgl. etwa J. Thiele DAR 2020, 614 ff.). ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?