Das Wichtigste in Kürze:

1. In der Praxis wird für die Geschwindigkeitsmessung, insbesondere bei Geschwindigkeitsverstößen von Lkws oder Bussen, häufig auf die Auswertung des Schaublatts eines Fahrtenschreibers (§ 57a StVZO) oder eines EG-Kontrollgerätes (Art. 3 Abs. 1 VO [EWG] Nr. 3821/85) zurückgegriffen.
2. Nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung ist es grds. zulässig, das Schaublatt eines Fahrtenschreibers oder eines EG-Kontrollgerätes zum Zweck der Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen auszuwerten.
3. Fraglich ist, inwieweit der Richter sachkundig genug ist, ein Fahrtenschreiberblatt ohne sachverständige Hilfe auszuwerten.
4. Seit dem 1.5.2006 müssen Fahrzeuge, die erstmalig zum Verkehr zugelassen werden, mit einem digitalen Kontrollgerät gem. Anhang IB VO (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet sein.
5. Von der abgelesenen Geschwindigkeit ist ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen.
6. Für den Umfang der tatsächlichen Feststellungen im tatrichterlichen Urteil bestehen besondere Anforderungen.
 

Rdn 1942

 

Literaturhinweise:

Krumm, Prozessuale Probleme in Bußgeldsachen mit dem Schaublatt zur Geschwindigkeitsauswertung, VRR 2006, 328

ders., Geschwindigkeitsfeststellungen durch Schaublattauswertung, SVR 2004, 250

ders., Geschwindigkeitsfeststellung in Bußgeldverfahren mit dem digitalen EG-Kontrollgerät, SVR 2007, 198

Langer, Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr und ihre Kontrolle durch Fahrtschreiber und Kontrollgeräte, DAR 2002, 97

Marten, Digitale Tachografen – Neue Technik – neue Chancen?, ureko Spiegel 09/2008

Schal, Der digitale Tachograf, VRR 2008, 259

Zeising, Die Verwertung von Diagrammscheiben aus Fahrtschreibern zum Nachweis von Geschwindigkeitsverstößen, NZV 1994, 383

s.a. die Hinw. Bei → Geschwindigkeitsüberschreitung, Messverfahren, Allgemeines, Rdn 1922.

 

Rdn 1943

1. In der Praxis wird die Geschwindigkeitsmessung i.d.R. mit technischen Messverfahren mittels Messgeräten durchgeführt (zu den unterschiedlichen Messverfahren → Geschwindigkeitsüberschreitung, Messverfahren, Allgemeines, Rdn 1921 m.w.N.). Daneben wird aber auch immer wieder, insbesondere bei Geschwindigkeitsverstößen von Lkws oder Bussen, auf die Auswertung des Schaublatts eines Fahrtenschreibers (§ 57a StVZO) oder eines EG-Kontrollgerätes (Art. 3 Abs. 1 VO [EWG] Nr. 3821/85) zurückgegriffen (zum digitalen Tachografen Schal VRR 2008, 259 und Rdn 1948). Die damit zusammenhängenden Fragen machen in der Praxis häufig Schwierigkeiten, wobei es i.d.R. nicht mehr um die Frage der grds. Verwertbarkeit der Aufzeichnungen geht (dazu Rdn 1944), sondern vor allem darum, ob der Tatrichter sachkundig genug ist, die Auswertung ohne Hinzuziehung eines SV vornehmen zu können (dazu Rdn 1946 ff.). Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Anforderungen in diesen Fällen an das tatrichterliche Urteil zu stellen sind (dazu → Geschwindigkeitsüberschreitung, Urteil, sonstige Messverfahren, Rdn 2259 ff.; zu allem auch Hentschel/König/Dauer/König, § 57a StVZO Rn 17; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, § 3 Rn 74; Krumm, § 5 Rn 414 ff.).

 

Rdn 1944

2.a) Nach h.M. in der Rechtsprechung ist es grds. zulässig, das Schaublatt eines Fahrtenschreibers (§ 57a StVZO) oder eines EG-Kontrollgerätes (Art. 3 Abs. 1 VO [EWG] Nr. 3821/85) in OWi-Verfahren zum Zweck der Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen auszuwerten (OLG Bamberg NZV 2008, 45 = zfs 2008, 295 = StraFo 2008, 32; OLG Düsseldorf NZV 1990, 360 = VRS 79, 135; NZV 1996, 503 = VRS 92, 446, 450; OLG Hamm NZV 1992, 159; DAR 2004, 42; OLG Jena DAR 2005, 44 = VRS 107, 476; OLG Köln NZV 1994, 291 = VRS 88, 366; VRS 93, 206). Zwar ist hierdurch bei mit Fahrtenschreiber- bzw. Kontrollgeräten ausgestatteten Kfz eine Geschwindigkeitsüberschreitung unter erleichterten Bedingungen feststellbar. Insoweit handelt es sich aber um eine gewollte Ungleichbehandlung, die durch die ungleich höhere Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs durch die betroffenen Fahrzeuge verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (OLG Hamm NZV 1992, 159, 160 = VRS 82, 235; Krumm VRR 2006, 328).

 

☆ Es besteht auch kein BVV hinsichtlich des im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle nach freiwilliger Herausgabe sichergestellten Schaublatts , weil der Betroffene sich hierdurch selbst belastet und der Verfolgung wegen einer OWi aussetzt (OLG Hamm NZV 1992, 159, 160 = VRS 82, 235; Krumm VRR 2006, 328; Langer DAR 2002, 97, 101; Zeising NZV 1994, 383, 385). § 4 FPersG, auf dem die Überwachung i.d.R. beruht, dient nicht ausschließlich der Überwachung der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals, sondern auch dem Zweck, die Verfolgung von Verletzungen anderer Vorschriften zu ermöglichen (OLG Hamm, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfG VkBl. 1985, 303).kein BVV hinsichtlich des im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle nach freiwilliger Herausgabe sichergestellten Schaublatts, weil der Betroffene sich hierdurch selbst belastet und der Verfolgung wegen einer OWi aussetzt (OLG Hamm NZV 1992, 159, 160 = VRS 82, 235; Krumm VRR 2006, 328; Langer DAR 2002, ...

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