Leitsatz
1. Mit der Zweckbestimmung "Laden" ist der Betrieb einer Gaststätte nicht vereinbar.
2. Die unterlassene formelle Beteiligung aller Wohnungseigentümer in den Tatsacheninstanzen (§ 43 Abs. 4 WEG) kann zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens führen.
Sachverhalt
Die Teilungserklärung einer Wohnungseigentumsanlage sieht in den Räumen des Erdgeschosses den Betrieb dreier Läden vor. Der Eigentümer dieser Räumlichkeiten betreibt dort jedoch u. a. eine Gaststätte.
Gegen diese Nutzung wandte sich nun ein anderes Mitglied der Eigentümergemeinschaft.
Entscheidung
Immer wieder entsteht Streit zwischen Wohnungseigentümern über die nach der Teilungserklärung noch zulässige Nutzung von Teilen der Wohnungseigentumsanlage. Dies hat seinen Grund meist darin, daß die gewählten Begriffe zur Zweckbestimmung vielfach nicht eindeutig sind oder aber auch von den einzelnen Wohnungseigentümern unterschiedlich ausgelegt werden. Und so müssen dann die Gerichte bemüht werden, um eine verbindliche Auslegung vorzunehmen.
Die Bezeichnung der Räume als "Laden" in der Teilungserklärung sowie im Aufteilungsplan ist als eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter aufzufassen. Ist eine solche Vereinbarung also einmal wirksam getroffen worden, bindet sie die Eigentümer. Will der betreffende Eigentümer nun von dieser Zweckbestimmung abweichen, so ist hierüber von der Wohnungseigentümergemeinschaft einstimmig zu beschließen.
Gleichwohl kann natürlich auch eine Auslegung der Raumbezeichnungen ergeben, daß vergleichbare Nutzungszwecke von der Zweckbestimmung noch gedeckt sind. Bei der Auslegung der für die Zweckbestimmung von Sondereigentumseinheiten maßgeblichen Teilungserklärung und des dazugehörenden Aufteilungsplanes kommt es jedoch nicht darauf an, welche Vorstellungen der teilende Eigentümer mit dem Begriff "Laden" verbunden hat. Es kommt in diesem Zusammenhang also nicht auf dessen Willen, sondern auf den Wortlaut und Sinn der Bezeichnung an, wie er sich objektiv für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt.
Die objektive Auslegung der Teilungserklärung und des Aufteilungsplans ergab hier jedoch, daß die Zweckbestimmung auf ein an die Ladenschlußzeiten gebundenes Verkaufsgeschäft gerichtet war. Insoweit konnte der Gaststättenbetreiber nicht mit dem Argument durchdringen, dem teilenden Eigentümer sei es letztlich egal gewesen, ob tatsächlich Ladengeschäfte betrieben würden.
Zu Leitsatz 2 sei kurz angemerkt, daß sich die Vorinstanzen verfahrensrechtliche Schlampereien erlaubten, die trotz eines "eigentlichen" Unterliegens des Gaststättenbetreibers eine Zurückverweisung des Rechtsstreits und somit eine erneute Verhandlung erforderlich machen. In diesem Verfahren waren nämlich, da ein Abwehranspruch geltend gemacht wurde, alle Wohnungseigentümer der Eigentumsanlage zu beteiligen. Tatsächlich wurden jedoch alle Schriftsätze, Terminsladungen und Entscheidungen nur dem Antragsteller und dem Antragsgegner bekanntgemacht worden.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.06.1997, 20 W 357/96
Fazit:
Zwar wird die Eigentümergemeinschaft nach erneuter Verhandlung vor dem Amtsgericht in diesem Verfahren nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts obsiegen. Die Richter wiesen jedoch vorsorglich darauf hin, daß diese Ihre außergerichtlichen Kosten wohl dennoch selbst zu tragen haben werden. Im Zivilprozeß wären diese hingegen dem unterlegenen Gaststättenbetreiber aufzuerlegen. Im Wohnungseigentumsverfahren als einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dies aber nicht zwangsläufig der Fall. Geht es wie im vorliegenden Fall um die Auslegung der Rechtsgrundlagen der Gemeinschaft, bleibt es bei dem Grundsatz aus § 47 WEG, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.