Leitsatz
Bei einem Gebäudeversicherungsvertrag, dessen Versicherungsnehmer eine Miteigentümergemeinschaft ist, ist das Sachersatzinteresse des einzelnen Miteigentümers an dem Gemeinschaftseigentum und dem Sondereigentum der anderen Wohnungseigentümer mitversichert. Der Miteigentümer ist deshalb nicht "Dritter" i. S. d. § 67 Abs. 1 VVG.
Normenkette
§ 67 Abs. 1 VVG
Sachverhalt
Die Kl. will bei der Bekl. Regress nehmen für Wasserschäden, die diese verursacht hat. Die Bekl. ist Wohnungseigentümerin. Für die Wohnungseigentumsanlage besteht eine Wohngebäudeversicherung, die die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Kl. genommen hat. Die Kl. hat den Schaden reguliert und nimmt nun die Bekl. in Regress für die Schäden, die an fremdem Sondereigentum und an den Miteigentumsanteilen der anderen Wohnungseigentümer entstanden sind.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg. Die Revision der Kl. wurde zurückgewiesen.
Entscheidung
1. Wie das Berufungsgericht (BG) ausgeführt habe - so der BGH - komme es darauf an, ob der Gebäudeversicherer einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen eines von einem einzelnen Wohnungseigentümer schuldhaft verursachten Schadens an fremdem Sonder- und Miteigentum gegen diesen als "Dritten" i. S. d. § 67 Abs. 1 VVG Rückgriff nehmen könne. Diese Frage sei zu verneinen. Die Bekl. sei nicht Dritte i.S.d. genannten Vorschrift. Sie sei Versicherungsnehmerin. Das Interesse, dessentwegen die Kl. Regress nehmen wolle, sei versichert. Versichern Wohnungseigentümer gemeinsam das Gebäude, so decke der Vertrag auch das Interesse jeden Eigentümers, nicht auf Ersatz von Sachschäden am Gemeinschaftseigentum und am Sondereigentum der übrigen Eigentümer in Anspruch genommen zu werden (Sachersatzinteresse). Grundsätzlich schließe die Rechtsnatur der Gebäudeversicherung als Sachversicherung die Einbeziehung eines Sachersatzinteresses in den Versicherungsschutz nicht aus.
Der Vertragslage sei zu entnehmen, dass die von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossene Gebäudeversicherung ein einheitliches Versicherungsverhältnis und nicht etwa eine Mehrheit von Versicherungsverhältnissen mit unterschiedlichen Risiken darstelle. Aus dieser Einheitlichkeit des Versicherungsverhältnisses sei abzuleiten, dass die auf den Erhalt des genannten Wohnungseigentumsobjekts gerichteten Interessen der Wohnungseigentümer mitversichert seien. Die Wohnungseigentümer hätten naturgemäß gesteigerte Einwirkungsmöglichkeiten auf das gesamte Gemeinschaftseigentum und das fremde Sondereigentum. Deshalb bestehe ein erkennbares Interesse des Versicherungsnehmers, der Eigentümergemeinschaft, nicht in die drohenden Auseinandersetzungen des Versicherers mit dem haftpflichtigen Mitglied der Gemeinschaft hineingezogen zu werden.
2. Diese Ausführungen des BG sind nach der Entscheidung des BGH rechtsfehlerfrei. Die Angriffe der Revision führten zu keiner anderen Beurteilung.
a) Die Revision meine, das BG sei zu Unrecht davon ausgegangen, das Sachersatzinteresse der Wohnungseigentümer sei mitversichert, weil eine einheitliche Gebäudeversicherung sämtlicher Wohnungseigentümer bestünde. Dadurch werde der Inhalt des Vertrags nicht berührt. Das versicherte Interesse würde nicht anders zu beurteilen sein als bei Abschluss entsprechender Einzelverträge durch die Wohnungseigentümer. Aus der Einheitlichkeit der Versicherung würde sich nicht ergeben, dass eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses der anderen Wohnungseigentümer angebracht erscheine. Danach sei von dem Grundsatz auszugehen, dass die Gebäudeversicherung als reine Sachversicherung regelmäßig nur das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache decke. Für die Mitversicherung des Sachersatzrisikos bedürfe es deshalb besonderer Anhaltspunkte, die nicht ersichtlich seien.
Die gesteigerten Einwirkungsmöglichkeiten der anderen Eigentümer auf das Sondereigentum der anderen Eigentümer würde nicht über das eines Mieters hinausgehen. Insoweit werde aber nicht erwogen, dass in dem Gebäudeversicherungsvertrag des Eigentümers - unabhängig von der Überwälzung der Versicherungskosten - das Sachersatzinteresse des Mieters mitversichert sei.
b) Mit seinem Urteil vom 8.11.2000 (IV ZR 298/99 - r+s 2001, 71 = VersR 2001, 94) - so der BGH - habe der Senat seine früher vertretene Auffassung aufgegeben, in eine reine Sachversicherung könne ein Sachersatzinteresse (in jenem Fall des Mieters) nicht einbezogen werden.
Die Parteien eines Versicherungsvertrages seien grundsätzlich frei in der Gestaltung des Vertrags. Es unterliege ihrer Entscheidung, welches und wessen Interesse Gegenstand der Versicherung sein soll. Die Typisierung eines Versicherungsvertrags besage - von aufsichtsrechtlichen Vorschriften abgesehen - noch nicht, dass Ausgestaltung im Einzelnen nicht auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten könne. Insoweit stehe einem etwaigen Willen der Parteien, bei der Gebäudeversicherung auch das Sachersatzinteresse in den Versicherungsschutz mit einzubeziehen, nichts entgegen. W...