Alexander C. Blankenstein
Das Wohnungseigentum untersteht dem Schutz des § 1004 BGB. Was nun Unterlassungsansprüche wegen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung betrifft ist zu differenzieren:
- Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten.
- Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus zu beeinträchtigen.
Da die Zweckbestimmung des Sondereigentums Vereinbarungscharakter hat, stellt sie also eine Vereinbarung dar und die Verpflichtung zur Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung besteht gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Unterlassungsanspruch steht also der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Ist allerdings ein Wohnungseigentümer durch die zweckbestimmungswidrige Nutzung konkret in seinem Sondereigentum beeinträchtigt, so hat er einen Individualanspruch gegen den zweckbestimmungswidrigen Nutzer. In diesem Fall kann der Eigentümer also direkt auf Unterlassung klagen, ohne zuvor versuchen zu müssen, einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer herbeizuführen. Auch der Mieter selbst kann insoweit direkt auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Der entsprechende Individualanspruch des beeinträchtigten Wohnungseigentümers kann seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr beschlussweise zur Ausübung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf diese übertragen werden, wie dies nach alter Rechtslage gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 HS. 2 WEG a. F. noch möglich war.
Unterlassungsansprüche ergeben sich dabei aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis unter den Eigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowie aus § 1004 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB bei bestehender Wiederholungsgefahr, sofern eine Duldungspflicht nach § 14 WEG nicht besteht. Zivilrechtliche Generalklausel von Unterlassungsansprüchen ist die Bestimmung des § 1004 BGB, die durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WEG für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts konkretisiert wird.
Keine Unterlassungsverpflichtung durch Beschluss
Es besteht keine Beschlusskompetenz für die Begründung einer Unterlassungspflicht durch Beschluss. Dies gilt auch dann, wenn es nach Gesetz oder Vereinbarung bereits einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung gibt, die durch den Beschluss konstitutiv untersagt wird.
Wird ein Wohnungseigentümer gerichtlich auf Unterlassen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung in Anspruch genommen, kann er keine aus § 10 Abs. 2 WEG resultierende Einrede geltend machen. Nach vorerwähnter Bestimmung kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Dieser Anspruch kann im Rahmen einer Unterlassungsklage nicht als Einrede erhoben werden. Die in der Gemeinschaftsordnung getroffene Regelung gilt nämlich, solange sie nicht durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer oder durch Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht abgeändert ist.
Kein Anspruch auf Unterlassen einer erlaubten Nutzung bei konkreten Störungen
Insbesondere bei der kurzfristigen Vermietung von Eigentumswohnungen an Feriengäste oder Medizintouristen können von einzelnen Gästen erhebliche Störungen des Hausfriedens ausgehen. Wenn nun die konkrete Ausgestaltung der kurzfristigen Vermietung einer Wohnung an Feriengäste zu Beeinträchtigungen führt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen, kann grundsätzlich nur die Einstellung der konkreten Beeinträchtigungen verlangt werden, nicht hingegen die vollständige Einstellung der kurzfristigen Vermietung der Wohnung an Feriengäste oder Medizintouristen.