1 Leitsatz

Der Gebührenstreitwert für einen auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogenen Beseitigungsanspruch bestimmt sich gem. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG nach den Wertvorschriften der Zivilprozessordnung, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde nach dem 30.11.2020 eingelegt worden ist.

2 Normenkette

§§ 47, 48 Abs. 1 Satz 1, 71 GKG; §§ 3, 55 ZPO

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K geht gegen Wohnungseigentümer B auf Beseitigung nach § 1004 Abs. 1 BGB vor. Fraglich ist, wie der Gebührenstreitwert für die Nichtzulassungsbeschwerde des B zu ermitteln ist.

4 Die Entscheidung

Der BGH meint, der Gebührenstreitwert bestimme sich gem. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG nach den Wertvorschriften der Zivilprozessordnung. Die Nichtzulassungsbeschwerde sei nach dem 30.11.2020 eingelegt worden und betreffe einen auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogenen Beseitigungsanspruch.

Maßgeblich sei das (einfache) Interesse des B an der Abwehr des Beseitigungsanspruchs. Dieses schätze der Senat aufgrund der Angaben in der Beschwerdebegründung auf 32.820,64 EUR. Gem. § 47 Abs. 2 GKG werde der Streitwert allerdings durch den Wert des Streitgegenstands des 1. Rechtszugs begrenzt. Insoweit bleibe § 49a GKG a. F. maßgeblich. Das AG habe den Streitwert anhand des einfachen Interesses der K mit 5.000 EUR bemessen. Richtigerweise seien aber gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. das hälftige Gesamtinteresse der Parteien von 18.910,32 EUR anzusetzen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, welche GKG-Bestimmung in einem Altverfahren anwendbar ist, bei dem das Rechtsmittel nach dem 30.11.2020 eingelegt wird. Von der Antwort ist abhängig, wie man den Gebührenstreitwert ermittelt.

Die Übergangsbestimmungen

In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden nach § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. In einem Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist, gilt dies nach § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG aber nicht. Deshalb müssten für alle Rechtsmittelverfahren in WEG-Streitigkeiten für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts mittlerweile entweder § 49 GKG oder § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. §§ 3, 6 bis 9 ZPO anwendbar sein.

Dies sieht der BGH bei Beschlussklagen anders (BGH, Beschluss v. 30.9.2021, V ZR 258/20). Er will hier § 48 Abs. 5 WEG entsprechend anwenden, obwohl sich dieser nur "zum dritten Teil" des WEG äußert und zum GKG keine Aussage trifft (siehe nur Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 1. Aufl., Kap. 14 Rz. 217). Für die anderen WEG-Streitigkeiten gilt dies aber nicht.

Änderung des Streitwerts für die Vorinstanzen

Zu einer Änderung des Streitwerts für die Vorinstanzen war der BGH nicht befugt, weil die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Anfall der "Hauptsache" führt (BGH, Beschluss v. 12.3.2020, V ZR 160/19, Rn. 5).

6 Entscheidung

BGH, Beschluss v. 27.1.2022, V ZR 64/21

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge