Leitsatz
Nach einem neuen Urteil des EuGH ist es keine mittelbare Benachteiligung, wenn ein Vergütungssystem für gleichrangige Tätigkeiten unterschiedliche Gehälter – gestaffelt nach Dienstjahren – vorsieht. Entscheidend ist, ob die unterschiedliche Behandlung durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.
Es wird dadurch auch nicht der Grundsatz des gleichen Lohns für Männer und Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit verletzt. Ein Arbeitgeber kann, auch wenn dies zu einer Ungleichbehandlung eines Geschlechts führt, Mitarbeiter unterschiedlich entlohnen, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt.
Sachverhalt
Sachlicher Grund für eine Differenzierung nach dem Dienstalter ist die Honorierung der Berufserfahrung, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten. Im Urteilsfall hatte eine Arbeitnehmerin auf Angleichung ihres Arbeitsentgelts geklagt, weil der Verdienst ihrer vier männlichen Kollegen unstreitig höher war. Diese höhere Entlohnung beruhte auf deren höherem Dienstalter.
Das zuständige britische Gericht hatte den Rechtsstreit dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt und angefragt, ob der Arbeitgeber die Anwendung des Kriteriums "Dienstalter" als Entgelt bestimmenden Faktor besonders zu rechtfertigen habe, wenn es eine unterschiedliche Wirkung für die vergleichbaren männlichen und weiblichen Arbeitnehmer hat.
Der EuGH hat dies verneint, jedoch nicht ausgeschlossen, dass es Situationen geben kann, in denen der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters vom Arbeitgeber im Einzelnen gerechtfertigt werden muss. Dies sei z. B. der Fall, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die ernstliche Zweifel wecken, ob der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters zur Erreichung des genannten Ziels geeignet ist. Dann sei es Sache des Arbeitgebers zu beweisen, dass das Dienstalter auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz mit der Berufserfahrung einhergeht und dass diese den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
Nachdem das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Fragen nach der Zulässigkeit einer nach Dienstjahren gestaffelten Bezahlung geweckt hatte, sorgt diese EuGH-Entscheidung für "Entwarnung", denn eine Entgeltdifferenzierung aufgrund des Dienstalters ist danach grundsätzlich zulässig.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 3.10.2006, Rs. C-17/05, Cadman. – Vgl. zum AGG Gruppe 19 S. 615; HI1541490 und 625 HI1550620.