Leitsatz
Die Parteien waren geschiedene Eheleute und stritten um den nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann wandte Verwirkung des Anspruchs auf Ehegattenunterhalt ein und erhob Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel, die Vollstreckung aus einem gerichtlich protokollierten Vergleich zum nachehelichen Unterhalt für unzulässig erklärt zu wissen im Hinblick darauf, dass die geschiedene Ehefrau seit längerem in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien war durch seit April 2002 rechtskräftiges Urteil geschieden worden. Aus ihrer Ehe waren zwei gemeinsame und mittlerweile wirtschaftlich selbständige Söhne hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte am 1.8.1995. Bereits im Oktober 1995 bezog die Beklagte mit ihrem neuen Lebensgefährten eine gemeinsame Wohnung.
Bezüglich des Trennungsunterhalts schlossen die Parteien am 13.3.1997 einen gerichtlich protokollierten Vergleich. Auf die von dem Kläger bezüglich des titulierten Trennungsunterhalts erhobene Vollstreckungsabwehrklage hat das FamG die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 13.3.1997 für unzulässig erklärt. Nach Erlass dieses Urteils, gegen das die Beklagte ein Rechtsmittel nicht eingelegt hatte, bezog sie eine eigene Mietwohnung.
Gegen die im Scheidungsverbundurteil vom 5.12.2001 ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts legte der Kläger Berufung ein. Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien am 14.6.2002 einen gerichtlich protokollierten Vergleich über den von dem Kläger zu zahlenden nachehelichen Unterhalt.
Mit zunächst beim FamG erhobener Vollstreckungsabwehrklage hat der Kläger beantragt, die Vollstreckung aus diesem Vergleich für unzulässig zu erklären. Zur Begründung hat er ausgeführt, mittlerweile sei infolge des Zeitablaufs von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen. Beide bewohnten zwar getrennte Wohnungen, gleichwohl lebe man aber wie in einer Wochenendehe zusammen.
Das FamG hat nach Verweisung der Sache zu dieser streitigen Frage Beweis erhoben durch Vernehmung des neuen Partners der geschiedenen Ehefrau als Zeugen. Mit Urteil vom 21.9.2009 hat das FamG die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers abgewiesen.
Zur Begründung hat das FamG im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Bekundungen des Zeugen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit ihm in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgte. In der Berufungsverhandlung hat er seinen Klageantrag zeitlich dahin präzisiert, dass die Zwangsvollstreckung ab Rechtskraft des (Senats)-Urteils für unzulässig erklärt werden solle.
Der Kläger vertrat die Auffassung, die Präklusionsbestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO sei bei gerichtlich protokollierten Vergleichen nicht anwendbar.
Das Rechtsmittel des Klägers war in vollem Umfang erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der vom Kläger erhobene Einwand der Verwirkung i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB sei prozessual korrekt geltend gemacht mit der Vollstreckungsabwehrklage i.S.v. § 767 ZPO. Sie sei in der Sache begründet und führe zum völligen Ausschluss des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Beklagten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Rechtsschutzinteresse für die Vollstreckungsabwehrklage zu bejahen. Dies gelte schon deswegen, weil sie auf das außergerichtliche Schreiben des Klägers vom 13.5.2009 nicht reagiert und der Aufforderung zum Verzicht auf die Rechte aus dem Titel und dessen Herausgabe keine Folge geleistet habe.
Auch die Präklusionsbestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Präklusionswirkung dieser Bestimmung greife nämlich nicht ein bei solchen Titeln, denen keine Rechtskraftwirkung zukomme, hierzu zähle auch der Prozessvergleich (vgl. Herget in Zöller ZPO, 28. Aufl. Rz. 20 zu § 767 ZPO m.w.N.).
Im Übrigen war das OLG aufgrund der Bekundungen des Zeugen zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte mit ihm in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe, der Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 2 BGB daher vorliege.
Zwar lebe die Beklagte seit dem Jahr 2000 in einem anderen Ort als ihr Partner und nicht mehr mit ihm in einer Wohnung zusammen. Diese räumliche Trennung beruhe jedoch nicht darauf, dass man die intime Beziehung nunmehr als sog. Fernbeziehung distanziert habe aufrechterhalten wollen. Statt dessen sei die Trennung darauf zurückzuführen - dies werde auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt - dass das FamG in seinem Urteil zum Trennungsunterhalt vom 27.11.1998 deutliche Worte gefunden und die Adresse des neuen Partners nach durchgeführter Augenscheineinnahme als "Scheinadresse" bezeichnet habe.
Aus der Bekundung des Zeugen ergebe sich mit genügender Deutlichkeit, dass man fast alle Wochenenden mit gemeinsamem Kochen und Essen, die Feiertage und auch die Urlaube zusammen verbringe. Auch Familienfeste würden gemeinsam besucht. An den Wochenenden...