FinMin Sachsen-Anhalt, Erlaß v. 30.1.2018, 46 - S 0171 - 174
Verfahren zur Anerkennung weiterer gemeinnütziger Zwecke gem. § 52 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO
1. Gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO
Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
1.1 Katalogzwecke
Unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO sind die im Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO aufgeführten Zwecke als gemeinnützig anzuerkennen.
1.2 Identische Zwecke
Gemeinnützig nach § 52 Abs. 2 Satz 1 AO sind auch Zwecke, die hinsichtlich der Merkmale die ihre steuerliche Förderung rechtfertigen, mit den im Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO genannten Zwecken identisch (nicht nur ähnlich) sind. Als identisch im vorstehenden Sinne wurden bereits bisher die Förderung des Baus und Betriebs von Schiffs-, Auto-, Eisenbahn- und Drachenflugmodellen mit der Förderung des Modellflugs und die Förderung des CB-Funkens mit der Förderung des Amateurfunkens angesehen.
2. Gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO
2.1 Öffnungsklausel
Der grundsätzlich abschließende Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO wird durch die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO ergänzt. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, weitere Zwecke für gemeinnützig zu erklären. Voraussetzung ist, dass der Zweck nicht bereits unter § 52 Abs. 2 Satz 1 AO fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend fördert. Entsprechend bedeutet, dass der gem. § 52 Abs. 2 Satz 2 AO zu prüfende Zweck die Allgemeinheit in vergleichbarer Weise fördert wie einer der in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecke. Erfüllt der von der Körperschaft verfolgte Zweck die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO, ist er gemeinnützig und muss als solcher erklärt werden (BFH-Urteil vom 9.2.2017, V R 70/14, BStBl 2017 II S. 1106).
Formell sollte ein Antrag auf Anerkennung eines weiteren gemeinnützigen Zwecks nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO mindestens folgende Angaben enthalten:
- Für welchen Zweck begehrt die Körperschaft die Anerkennung der Gemeinnützigkeit?
- Welchen Katalogzweck betrachtet die Körperschaft als vergleichbar?
- Worin soll die Vergleichbarkeit bestehen?
- Beabsichtigt die Körperschaft ernsthaft, den Zweck zu verwirklichen?
2.2 Zuständigkeit
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben jeweils eine Finanzbehörde im Sinne des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) zu bestimmen, die für die Entscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 zuständig ist.
Für Sachsen-Anhalt ist das Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt die für die Entscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO zuständige Finanzbehörde.
2.3 Anerkennungsverfahren
Die Anerkennung der nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO gemeinnützigen Zwecke wird bundeseinheitlich abgestimmt (vgl. AEAO zu § 52, Nr. 2.6). Das gilt auch für den Fall, dass die zuständige Finanzbehörde den Antrag ablehnen möchte, es sei denn, es ergibt sich aus anderen, nicht aus der Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO resultierenden Gründen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt.
Das Abstimmungsverfahren ist durchzuführen, wenn über die Anerkennung eines Zwecks als gemeinnützig zu entscheiden ist,
- der nicht dem Zweckkatalog des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO zugeordnet werden kann,
- der nicht mit einem der im Zweckkatalog genannten Zweck identisch ist und
- über dessen Gemeinnützigkeit nicht bereits durch Beschluss der KSt-Referatsleiter oder in einem Anerkennungsverfahren nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO entschieden worden ist.
Nach Abschluss der bundeseinheitlichen Abstimmung wird dem Steuerpflichtigen von der für ihn zuständigen Finanzbehörde (in Sachsen-Anhalt vom Ministerium der Finanzen) die Anerkennung oder Ablehnung des Zwecks als gemeinnützig mitgeteilt. Bei dem Verfahren nach § 52 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren mit Verwaltungsaktqualität (BFH-Urteil vom 9.2.2017, V R 70/14, BStBl 2017 II S. 1106).
Im AEAO zu § 52 AO werden die Zwecke aufgelistet, die als vergleichbare Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO anerkannt wurden.
2.4 Verfahren bei den Finanzämtern
Geht bei einem Finanzamt ein entsprechender Antrag auf Anerkennung eines gemeinnützigen Zwecks nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO ein, für dessen Anerkennung nach den obigen Ausführungen ein Anerkennungsverfahren durchzuführen ist, so ist der – hinreichend konkrete – Antrag mit den betreffenden Unterlagen und Angaben an das Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt zu übersenden und dem Steuerpflichtigen ist eine Abgabenachricht zu erteilen.
Nach Abschluss des Abstimmungsverfahrens wird das Finanzamt über das Ergebnis des Abstimmungsverfahrens informiert.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
AO 1977 § 52 Abs. 2