OFD Kiel, Verfügung v. 25.8.2003, S 0174 A - St 262
Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AO darf eine steuerbegünstigte Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgen.
Zur Beurteilung der Frage, ob die vorgenannten Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt sind, ist zwischen der steuerbegünstigten und der wirtschaftlichen Tätigkeit der Körperschaft zu gewichten (BMF-Schreiben vom 15.2.2002, IV C 4 – S 0174 – 2/01, BStBl 2002 I S. 267. Gibt eine wirtschaftliche Tätigkeit der Körperschaft bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge, ist die Steuerbegünstigung insgesamt zu versagen.
In diese vorzunehmende Gesamtbetrachtung sind nicht nur die durch die verschiedenen Tätigkeitsbereiche erzielten Einnahmen einzubeziehen. Entscheidend ist vielmehr, welche Tätigkeit der Körperschaft das Gepräge gibt (AEAO Rdn. 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Maßgebend sind dabei der Zeit- und Personalaufwand, den die Körperschaft für die steuerbegünstigten Bereiche einerseits gegenüber den Bereichen der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe und der Vermögensverwaltung andererseits aufwendet. Somit können auch solche Körperschaften als steuerbegünstigte Körperschaft i.S. von §§ 51 ff. AO anerkannt werden, die ihre Einnahmen nahezu ausschließlich durch die Unterhaltung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erzielen, wenn die steuerbegünstigte, satzungsmäßige Tätigkeit einen entsprechend gewichtigen Teil der Aktivitäten der Körperschaft ausmacht.
Beispiel 1:
Ein Verein bezweckt nach seiner Satzung die Erziehung und Bildung von ausländischen Kindern. Er erteilt zu diesem Zweck ausländischen Schülern unentgeltlich Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfestunden. Einmal im Jahr veranstaltet der Verein ein Sommerfest. Den Überschuss hieraus verwendet er zur Abdeckung der Kosten im ideellen Bereich.
Obwohl der Verein allein aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Einnahmen erzielt, kann er als gemeinnützig anerkannt werden. Die ideelle Tätigkeit gibt dem Verein das Gepräge.
Die Unterscheidung, ob eine Körperschaft in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, ist auch bei Förderkörperschaften i.S. von § 58 Nr. 1 AO vorzunehmen. Auch in diesen Fällen ist zu überprüfen, welche Tätigkeit der Körperschaft nach den vorstehenden Grundsätzen das Gepräge gibt.
Beispiel 2:
Ein Schulförderverein veranstaltet einmal im Jahr ein Schulfest mit Speisen- und Getränkeverkauf. Den hieraus erzielten Gewinn i.H. von 5.000 EUR wendet er dem öffentlich-rechtlichen Schulträger zum Kauf von Lehrmaterialien zu. Darüber hinaus wirkt der Verein nachweislich während des ganzen Jahres mit besonderen Spendenaktionen, Spendensammlungen und durch schriftliche Spendenaufrufe, z.B. durch Anzeigen in der Presse. Die Spendeneinnahmen betragen 3.000 EUR
Zwar überwiegen die Mittel aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dennoch ist der ganzjährige Zeit- und Personalaufwand für die Mittelbeschaffung durch Spendensammlungen prägend. Diese Akquisition der Spenden erfolgt im ideellen satzungsmäßigen Bereich des Vereins. Der Förderverein kann daher als gemeinnützig anerkannt werden.
Beispiel 3:
Der Förderverein einer als gemeinnützig anerkannten Kinderkrippe veranstaltet einmal im Jahr ein Sommerfest und darüber hinaus im Frühjahr und Herbst je einen Kleiderbasar. Weitere Aktivitäten entfaltet der Verein nicht. Die aus dem Fest und den Basaren erzielten Überschüsse wendet er dem als gemeinnützig anerkannten Träger der Kinderkrippe zum Kauf von Spielsachen zu.
Der Förderverein kann nicht als steuerbegünstigte Körperschaft i.S. von §§ 51 ff. AO anerkannt werden, da die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe dem Verein das Gepräge geben. Der Verein führt weder unmittelbar eine steuerbegünstigte Aktivität durch noch beschafft er Mittel im ideellen Bereich durch Spendenwerbung.
Normenkette
AO 1977 § 55 Abs. 1 Satz 1