Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. 12.01.1995, 33-S0171-9/29-74141
Zur Vergabe von Darlehen durch gemeinnützige Körperschaften bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:
1. Gebot der zeitnahen Mittelverwendunq
Eine gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Körperschaft muß ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden (Gebot der Selbstlosigkeit – § 55 AO). Mittel in diesem Sinne sind alle Zuwendungen (z.B. Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse), die Überschüsse aus der Vermögensverwaltung sowie die Gewinne bzw. Überschüsse aus Zweckbetrieben und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Verwendung im Sinne des § 55 AO ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen (z.B. Bau eines Altenheims, Kauf von Sportgeräten oder medizinischen Geräten).
Die Bildung von Rücklagen ist nur unter den Voraussetzungen der Nr. 6 (zweckgebundene Rücklagen), der Nr. 7 Buchstabe a (freie Rücklage) und der Nr. 7 Buchstabe b. (Rücklage für die Erhaltung der prozentualen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft) des § 58 AO zulässig. Davon unberührt bleiben Rücklagen in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, soweit sie bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sind, und Rücklagen im Bereich der Vermögensverwaltung, z.B. für die Erhaltung und Pflege des vorhandenen Vermögens.
Nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt das Vermögen der Körperschaften, auch soweit es durch Umschichtungen entstanden ist (z.B. Verkauf eines zum Vermögen gehörenden Grundstücks einschließlich des den Buchwert übersteigenden Teils des Preises). Außerdem kann eine Körperschaft folgende Zuwendungen ohne für die Gemeinnützigkeit schädliche Folgen ihrem. Vermögen zuführen:
- Zuwendungen von Todes wegen; sie sind grundsätzlich als Zuwendungen zum Vermögen der steuerbegünstigten Körperschaft anzusehen, wenn der Erblasser eine Verwendung für den laufenden Aufwand nicht besonders vorschreibt;
- Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufs, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, daß Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden;
- Zustiftungen und Einzelzuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, daß sie zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind;
- Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach der Vermögensbildung dienen, z. B. Schenkung eines Mietwohngrundstücks.
2. Darlehen aus zeitnah zu verwendenden Mitteln
Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf aus Mitteln, die sie nach den o.a. Grundsätzen zeitnah für ihre steuerbegünstigten Zwecks verwenden muß, unter bestimmten Umständen auch Darlehen vergeben. Die Vergabe von Darlehen aus diesen Mitteln ist dann unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn die Körperschaft damit selbst unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwirklicht. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Körperschaft im Rahmen ihrer jeweiligen steuerbegünstigten Zwecke Darlehen im Zusammenhang mit einer Schuldnerberatung zur Ablösung von Bankschulden, Stipendien für eine wissenschaftliche Ausbildung teilweise als Darlehen oder Darlehen an Nachwuchskünstler für die Anschaffung von Instrumenten vergibt. Voraussetzung ist, daß sich die Darlehensvergabe von einer gewerbsmäßigen Kreditvergabe dadurch unterscheidet, daß sie zu günstigeren Bedingungen erfolgt als zu den allgemeinen Bedingungen am Kapitalmarkt (z.B. Zinslosigkeit, Zinsverbilligung) .
Die Vergabe von Darlehen aus zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln an andere steuerbegünstigte Körperschaften ist im Rahmen des § 58 Nrn. l und 2 AO zulässig (mittelbare Zweckverwirklichung), wenn die andere Körperschaft die darlehensweise erhaltenen Mittel unmittelbar für steuerbegünstigte Zwecke innerhalb der für eine zeitnahe Mittelverwendung vorgeschriebenen Frist (s. Tz. 4) verwendet.
Darlehen, die zur unmittelbaren Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke vergeben werden, sind im Rechnungswesen entsprechend kenntlich zu machen. Es muß sichergestellt und für die Finanzbehörden nachprüfbar sein, daß die Rückflüsse, d.h. Tilgung und Zinsen, wieder zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden.
3. Darlehen aus nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln
Aus Mitteln, die nicht dem Gebot, der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (Vermögen einschließlich der zulässigen Zuführungen und der zulässig gebildeten Rücklagen – siehe Tz. 1), darf eine steuerbegünstigte Körperschaft Darlehen nach folgender Maßgabe vergeben.
Die Zinsen müssen sich in dem auf dem Kapitalmarkt üblichen Rahmen halten, es sei denn, der Verzicht auf die üblichen Zinsen ist eine nach den Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts und der Satzung der Körperschaft, zulässige Zuwendung (z.B. Darlehen an eine ebenfalls steuerbegünstigte Mitgliedsorganisation oder eine hilfsbedürftige Person). Bei Darlehen an Arbeitnehmer a...