OFD Chemnitz, Verfügung v. 11.03.2004, S0174-8/1-St21
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO müssen steuerbegünstigte Körperschaften ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten Zwecke verwenden. Nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen die nach den Vorschriften des § 58 Nr. 6, 7, 11 und 12 AO zulässigen Rücklagen bzw. Vermögenszuführungen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen projektbezogen gebundenen Rücklagen (§ 58 Nr. 6 AO), freien Rücklagen (§ 58 Nr. 7a AO), Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 58 Nr. 7b AO) sowie Vermögenszuführungen im Sinne des § 58 Nr. 11 und 12 AO. Darüber hinaus ist die Bildung von Rücklagen im Bereich der Vermögensverwaltung sowie im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zulässig, soweit die Rücklagen bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sind (AEAO zu § 55, Nr. 3).
Hinsichtlich der Verwendung von Mitteln einer steuerbegünstigten Körperschaft für die Vermögensausstattung einer Kapitalgesellschaft oder einer Stiftung gilt Folgendes:
1. Ausstattung einer Kapitalgesellschaft
Die Ausstattung einer Kapitalgesellschaft stellt sich als Anschaffung einer Beteiligung und damit als Vermögensumschichtung bei der steuerbegünstigten Körperschaft dar. Für die Frage, ob die Kapitalausstattung gemeinnützigkeitsrechtlich unbedenklich ist, ist entscheidend, welche Mittel verwendet werden und ob die Empfängerkörperschaft selbst steuerbegünstigt ist.
1.1 Einsatz nicht zeitnah zu verwendender Mittel
Der Einsatz nicht zeitnah zu verwendender Mittel für die Kapitalbildung bei einer Tochtergesellschaft ist grundsätzlich unschädlich für die Gemeinnützigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beteiligung Vermögensverwaltung darstellt oder ob sie aufgrund der Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft oder dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen ist.
Gemeinnützige Körperschaften müssen aber im Rahmen der Vermögensanlage sicherstellen, dass das Vermögen dauerhaft erhalten bleibt. Würden die der Vermögensbindung unterliegenden Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft endgültig entzogen, weil die Tochtergesellschaft auf Dauer Verluste erwirtschaftet, wäre dies schädlich für die Gemeinnützigkeit (vgl. a. BFH vom 23.10.1991, BStBl 1992 II S. 62).
1.2 Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel
1.2.1 Die auszustattende Kapitalgesellschaft ist steuerbegünstigt
Der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist zulässig, wenn die Empfängerkörperschaft die erhaltenen Mittel zeitnah für ihre steuerbegünstigten Zwecke einsetzt. Dazu gehört auch die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die steuerbegünstigten Zwecken dienen (vgl. AEAO zu § 55, Nr. 26).
Wird die Beteiligung an der steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft veräußert, unterliegt der Veräußerungserlös der zeitnahen Mittelverwendungspflicht.
1.2.2 Die auszustattende Kapitalgesellschaft ist nicht steuerbegünstigt
Der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist hier gemeinnützigkeitsrechtlich schädlich. Ggf. ist eine Frist für die Verwendung der Mittel gemäß § 63 Abs. 4 AO zu setzen.
2. Ausstattung einer Stiftung
Die Kapitalausstattung einer Stiftung stellt sich mangels Beteiligung des Stifters bzw. Zuwendenden nicht als Vermögensumschichtung dar. In diesem Fall verlassen die Mittel endgültig den Vermögensbereich der steuerbegünstigten Körperschaft. Ist die Empfängerstiftung nicht als steuerbegünstigte Körperschaft i. S. d. § 51 ff. AO anerkannt, ist jeglicher Mitteleinsatz gemeinnützigkeitsschädlich, da die Mittel endgültig dem steuerbegünstigten Bereich entzogen werden. Ist die Empfängerstiftung als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt, ist die Verwendung von Mitteln unter den Voraussetzungen des § 58 Nr. 1 und 2 AO zulässig. Dies bedeutet, dass der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln nur unschädlich ist, wenn die steuerbegünstigte Stiftung die Mittel auch zeitnah verwendet.
Auf die beigefügte Übersicht weise ich hin.
Anlage
Normenkette
AO § 55