Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 WEG, § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 28 WEG, § 426 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss ergab zu Gunsten eines Eigentümers ein saldiertes Guthaben von knapp DM 55.000,-. Der Eigentümer beantragte Auskehrung seines Guthabens und Verpflichtung des Verwalters bzw. der restlichen Miteigentümer auf Mitwirkung an der Realisierung seines Abrechnungsguthabens.
2. In Übereinstimmung mit der Entscheidung der Vorinstanz hält der Senat daran fest, dass Abrechnungsguthaben anders als Nachforderungen nicht mit der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung sofort fällig werden. Das Interesse der Gemeinschaft an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einer Anlage erfordert es, dass die Wohnungseigentümer zur Fälligstellung eines Abrechnungsguthabens einen gesonderten Beschluss fassen.
3. Im Regelfall ist allerdings eine Gemeinschaft nach Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung verpflichtet, in Verbindung mit der Genehmigungsbeschlussfassung zur Abrechnung zeitnah auch eine Entscheidung über den Ausgleich von Abrechnungsguthaben zu beschließen. Insoweit besteht Anspruch einzelner Eigentümer darauf, dass der Verwalter eine Versammlung mit einem solchen Tagesordnungspunkt einberuft. Es besteht allerdings kein Anspruch auf Verpflichtung des Verwalters oder der Gemeinschaft zur "Mitwirkung der Realisierung des Abrechnungsguthabens". Der hier gestellte Antrag läuft im Ergebnis auf eine Art Einstandspflicht des Verwalters für die Solvenz der Gemeinschaft hinaus; diese Verpflichtung hat er nicht; er muss allein ausstehende fällige Hausgeldforderungen gegen säumige Eigentümer geltend machen und vollstrecken.
4. Im vorliegenden Fall war die Gemeinschaft nicht verpflichtet, eine Regelung über den Ausgleich der Jahresabrechnung zu Gunsten des Antragstellers hinsichtlich seines ausgewiesenen Guthabens zu beschließen. Verpflichtung zur zeitnahen Beschlussfassung sei nur dann anzunehmen, wenn aus konkret abgerechneter Wirtschaftsperiode noch entsprechende Geldmittel zum Ausgleich von Abrechnungsguthaben in der Gemeinschaftskasse vorhanden seien; vorliegend war das nicht der Fall. Damit bedurfte es auch keiner Beschlussfassung der Gemeinschaft über den Ausgleich von Guthaben. Es entspricht vielmehr ordnungsgemäßer Verwaltung, nicht auszahlbare Guthaben als Einnahme für das folgende Wirtschaftsjahr zu verbuchen, so dass sich dann für dieses Folgejahr dem betreffenden Eigentümer obliegende Vorauszahlungen entsprechend ermäßigen (vgl. auch Müller, 1. Aufl. Rn. 192).
Im vorliegenden Fall war überdies noch nicht von bestandskräftiger Abrechnung auszugehen, da der Antragsteller in einem Parallelverfahren den Genehmigungsbeschluss angefochten hat (in I. Instanz mit Erfolg), der Verwalter jedoch sofortige Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung eingelegt hat. Ebenfalls nach Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung kann eine Gemeinschaft erst dann verpflichtet sein, eine Regelung über Abrechnungsguthaben zu treffen, wenn der die Jahresabrechnung billigende Eigentümerbeschluss bestandskräftig geworden ist.
Im Übrigen verstößt der Antragsteller mit seinem Begehren gegen Grundsätze von Treu und Glauben, wenn er einerseits die Abrechnung anficht und andererseits aus dieser Abrechnung Auskehrung seiner ausgewiesenen Guthaben bzw. eine Regelung über den Ausgleich fordert. Aus den genannten Gründen kann der Antragsteller auch nicht von der Gemeinschaft fordern, dass diese eine sofortige Sonderumlage für Ausgleichszwecke beschließt. Vielmehr kann die Gemeinschaft den Antragsteller auf die sich aus § 426 Abs. 1 BGB ergebende Möglichkeit zur eigenen Durchführung eines quotenmäßigen Ausgleichs der ihm zustehenden Guthaben verweisen.
5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens von DM 49.845,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 08.01.1997, 24 W 5031/95)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Diese für mich überraschende Entscheidung erscheint mir in Ergebnis und Begründung rechtsfehlerhaft, will sie über den entschiedenen Ausnahmefall hinaus allgemeine Geltung für die Praxis beanspruchen (wovon auszugehen sein dürfte, da von "Festhalten an bisheriger Senats-Rechtsprechung" die Rede ist).
Heute ist es absolut gängige Praxis, dass mit Genehmigungsbeschlussfassung auch über Einzelabrechnungen saldierte Guthaben grundsätzlich sofort zur Auszahlung fällig sind/werden, ebenso wie auch etwaige Nachzahlungen. Separate Fälligkeitsbeschlussfassung über eigenen Zusatzantrag erfolgt in der Regel nicht und wird in der Literatur bisher auch nur sehr vereinzelt (z.B. von Bielefeld) gefordert. Allein bei Nachzahlungsforderungen schreiben Verwalter betroffene Schuldner in der Regel nochmals kurz an und fordern unter Fristsetzung Zahlungsausgleich zum Zwecke der "Konsolidierung" der gesamten beschlossenen Geschäftsjahresabrechnung. Bei vereinbartem Lastschrift-Einzugsverfahren erfolgen im Übrigen postwendend Nachbelastungen auf den betroffenen Eigentümerkonten...