Leitsatz
Die Art. 17 und 18 Abs. 4 der 6. EG-RL sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Bestimmung wie der durch das Gesetz Nr. 93-859 vom 22.06.1993, Haushaltsberichtigungsgesetz für 1993, eingeführten Übergangsbestimmung, die die Aufhebung einer nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. d dieser RL erlaubten nationalen Ausnahme begleiten soll, nicht entgegenstehen, sofern vom nationalen Gericht überprüft wird, ob diese Maßnahme im Einzelfall die Wirkungen der nationalen Ausnahmevorschrift einschränkt.
Normenkette
Art. 28 Abs. 3 Buchst. d der 6. EG-RL
Sachverhalt
Frankreich hatte eine abweichende Sonderregelung, die es schrittweise abschaffte. Cedillac hielt das für unzulässig, mit der Begründung, das Recht auf sofortigen Vorsteuerabzug sei ein Grundprinzip des vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, sodass dieses Recht mangels einer abweichenden Bestimmung für die gesamten Mehrwertsteuerbeträge der vorausgehenden Umsatzstufen sofort müsse ausgeübt werden können.
Entscheidung
Der EuGH bestätigt zwar, dass Ausnahmen vom Recht des sofortigen Vorsteuerabzugs nur in den in der 6. EG-RL ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig sind, da sich eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug auf die Höhe der steuerlichen Belastung auswirkt und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten muss. Solche Ausnahmen können nur vorübergehender Art sein, da Art. 28 Abs. 4 der 6. EG-RL ihre Abschaffung zum Ziel hat. Wenn es sich um eine nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. d der 6. EG-RL zulässige Ausnahme handelt, darf der Mitgliedstaat diese Ausnahme nicht erweitern; er darf sie aber jederzeit einschränken und so dem Grundprinzip der 6. EG-RL näher kommen. Er darf die -- zulässige -- Abweichung auch schrittweise zurücknehmen.
Das nationale Gericht kann und muss zunächst prüfen, ob eine Ausnahme nach der 6. EG-RL zulässig war, und dann, ob die nationale Regelung im Einzelfall die Wirkung hat, den Geltungsbereich der Regel einer -- zulässigen -- Ausnahme einzuschränken.
Hinweis
Die Entscheidung ist nur insoweit von Bedeutung, weil sie eine Aussage zur Zulässigkeit der -- mit Rücksicht auf den Staatshaushalt -- nur schrittweisen Abschaffung von -- vom Gemeinschaftsrecht erlaubten -- nationalen Abweichungen von dem Gemeinschaftsrecht betrifft.
Nach Art. 18 Abs. 2 der 6. EG-RL wird der Vorsteuerabzug in der Weise vorgenommen, dass der Steuerpflichtige von dem Steuerbetrag, den er für einen Erklärungszeitraum schuldet, den Betrag der Steuer absetzt, für die das Abzugsrecht entstanden ist. Übersteigt der Betrag der zulässigen Abzüge den Betrag der für einen Erklärungszeitraum geschuldeten Steuer, können die Mitgliedstaaten nach Art. 18 Abs. 4 den Überschuss entweder auf den folgenden Zeitraum vortragen lassen oder ihn nach den von ihnen festgelegen Einzelheiten erstatten.
Art. 28 Abs. 3 Buchst. d der 6. EG-RL erlaubt es für -- eigentlich nur auf 5 Jahre konzipierte (Art. 28 Abs. 4 der 6. EG-RL) Übergangszeit, die allerdings noch lange dauern wird -- „Bestimmungen, die von dem Grundsatz des in Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 vorgesehenen sofortigen Abzugs abweichen, weiterhin anwenden”.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 18.12.2007, Rs. C-368/06 -- Cedilac SA --