Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 Abs. 2 WEG, § 21 WEG
Kommentar
Wohnungseigentümer können grundsätzlich die Vermietung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden, oberirdischen Kfz-Stellplätze mit Stimmenmehrheit beschließen, insbesondere dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung geregelt ist, dass für die auf dem Grundstück vorhandenen Stellplätze die vom Verwalter aufgestellte und von Eigentümern beschlossene Hausordnung maßgebend sei, die durch Mehrheitsbeschluss geändert werden könne. Im vorliegenden Fall enthielt allerdings die Hausordnung keine Regelung über den Gebrauch der Stellplätze. Auch verwirklichte der seinerzeitige Bauträgerverkäufer und frühere Grundstückseigentümer nicht seine ihm erteilte Vollmacht, die Gemeinschaftsordnung noch nachträglich zu ändern und (weitere) dingliche Sondernutzungsrechte an Stellplätzen zugunsten einzelner Käufer einzuräumen.
So kam es zu einem Mehrheitsbeschluss der Eigentümer, den Verwalter zu bevollmächtigen, die oberirdischen Stellplätze an interessierte Personen für monatlich DM 35 zu vermieten. Die dagegen erhobene Beschlussanfechtung eines jahrelang "gutgläubigen" Eigentümernutzers zweier Stellplatzflächen unter Berufung auf kaufvertragliche Zusagen wurde in allen drei Instanzen zurückgewiesen.
Die Grundstücksflächen sind zwingend Gemeinschaftseigentum. Da hinsichtlich des Gebrauchs und der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums inhaltlich gleichlautende gesetzliche Regelungen bestehen ( § 15 Abs. 1-3 WEG einerseits und § 21 Abs. 3, 4 WEG andererseits), liegt die Annahme nahe, dass bei Gebrauchsregelungen die speziellere Vorschrift des § 15 WEG vorgeht. Der Vermietungsbeschluss der Eigentümer ist eine solche gebrauchsregelnde Entscheidung; anstelle des ansonsten möglichen unmittelbaren Gebrauchs/Mitgebrauchs eines Stellplatzes tritt bei Vermietung der Anteil an den Mieteinnahmen. Eine Vereinbarung der Eigentümer stand dem Beschluss nicht entgegen; Sondernutzungsrechte - als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen - waren nicht begründet. Auch Vereinbarungen der Eigentümer, die nicht im Grundbuch eingetragen waren (insoweit allein keine Wirkung gegenüber Sondernachfolgern) existierten nicht. Dass der frühere Bauträgerverkäufer in seiner Baubeschreibung Stellplätze im Hof zum Preis von DM 3.000 verkaufen wollte, mag Verpflichtungen des beschlussanfechtenden Antragstellers gegen seinen Vertragspartner (den Verkäufer) begründen, nicht jedoch die anderen Wohnungseigentümer verpflichten. Die Absicht des Bauträgers wurde eben nicht verwirklicht, sodass auch keine Sondernutzungsrechte des Antragstellers entstanden.
Aus diesem Grund konnte die Benutzung der Stellplätze durch Eigentümerbeschluss im Rahmen des § 15 Abs. 2 WEG geregelt werden, wobei einzuräumen ist, dass nach allgemeiner Meinung ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums einem Wohnungseigentümer zur alleinigen Nutzung unter vollständigem Ausschluss aller anderen Eigentümer vom Mitgebrauch nur durch Vereinbarung, also unter Mitwirkung aller Eigentümer, und nicht durch Mehrheitsbeschluss überlassen werden könne (BayObLG, NJW-RR 90, 1104). Dieser Grundsatz steht aber dem gefassten Eigentümerbeschluss nicht entgegen. Einmal sah im vorliegenden Fall die Gemeinschaftsordnung entsprechende Gebrauchsregelungen in einer zu beschließenden Hausordnung vor. Weiter sei zu berücksichtigen, dass bei einer Vermietung der Stellplätze die übrigen Eigentümer nicht vollständig und endgültig vom Mitgebrauch ausgeschlossen würden. An die Stelle des tatsächlichen Mitgebrauchs trete der Anteil an den Mieteinnahmen. Im Übrigen könnten auch abgeschlossene Mietverträge gekündigt und damit der Mitgebrauch wiederhergestellt werden. Hierauf könnte im Einzelfall ein Anspruch bestehen, z. B. dann, wenn Stellplätze an fremde Dritte vermietet würden und Eigentümer Interessen anmeldeten. Auch bei starker Nachfrage könnte nach bestimmter Zeit (etwa 3 Jahren) eine Kündigung der Mietverträge in Betracht kommen, um bei einer Neuvermietung auch andere Eigentümer zu berücksichtigen; hierbei müsste bei mehreren Mietinteressenten eine Auswahl unter Berücksichtigung des Interesses der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen erfolgen (in der Regel wohl über Losverfahren). Dies sei im vorliegenden Fall auch durch neuerliche Beschlussfassungen möglich (derzeit sei kein entsprechendes Bedürfnis vorgetragen worden). Auch viele Jahre nicht beschlossene Regelungen schafften keinen Vertrauenstatbestand, dass eine bestimmte Gebrauchsregelung oder das Fehlen jeder Gebrauchsregelung auf Dauer unverändert beibehalten werde.
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 27. 8. 1985 (MDR 86, 60) betraf einen anderen Sachverhalt (auch Umwandlung einer Rasen- in Pkw-Stellfläche mit Vermietung der Stellplätze), also eine Zweckbestimmungsänderung, sodass insoweit keine Vorlage der Streitsache zum BGH erforderlich wurde.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 08.01.1992, BReg 2 Z 160/91= BayObLG Z 1992, Nr. 1)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
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