Gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht nur außergerichtlich, sondern auch gerichtlich. Insoweit ist das Thema "Passivvertretung" dann relevant, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von außenstehenden Dritten in Anspruch genommen wird sowie im Fall der Beschlussklagen des § 44 WEG.

Als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist er in erster Linie Zustellungsorgan und organisiert die rechtliche Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aktiv klagt oder diese von einem Wohnungseigentümer oder einem außenstehenden Dritten verklagt wird. Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch in den Beschlussklagen des § 44 WEG passiv legitimiert ist, bedarf es insoweit der Regelung des § 45 Abs. 1 WEG a. F. über den Verwalter als Zustellungsvertreter der übrigen beklagten Wohnungseigentümer nicht mehr, weshalb diese auch nicht mehr gilt.

Für die früher geltende Rechtslage zu den Verwalterbefugnissen im Rahmen einer Beschlussklage in Form der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, hatte die Rechtsprechung einen klaren Rahmen gesetzt, der mit gewissen Einschränkungen auch auf die neue Rechtslage übertragen werden kann:

  • Der Verwalter ist ermächtigt, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beauftragen – und zwar ohne vorangehende Pflicht, einen entsprechenden Ermächtigungsbeschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen zu müssen.[1]
  • Die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Verwalters für die in einem Beschlussmängelverfahren beklagten Wohnungseigentümer erstreckt sich auf den Abschluss eines Prozessvergleichs. Hat der Verwalter mit der Prozessvertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, kann er diesem eine verbindliche Weisung zum Abschluss eines Prozessvergleichs erteilen.[2]
  • Der Verwalter kann eigenständig Berufung für die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen der Amtsgerichte auch ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer einlegen.[3]
  • Hat der Verwalter einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem Beschlussmängelverfahren beauftragt, kann nur er dem Rechtsanwalt Weisungen für die Prozessführung erteilen und das Mandatsverhältnis beenden.[4]

Auf Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage ist zu berücksichtigen, dass der Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG eigenständig nur Maßnahmen untergeordneter Bedeutung treffen kann, die nicht mit erheblichen Verpflichtungen verbunden sind. Allerdings ergeben sich die Befugnisse des Verwalters bezüglich seiner Berechtigung im Rahmen der gegen die Gemeinschaft gerichteten Beschlussklagen zunächst aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Hiernach ist der Verwalter nämlich verpflichtet, diejenigen Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Rechtsnachteils erforderlich sind. Diese Vorschrift entspricht – mit Ausnahme der Konkretisierung von bestimmten Klagearten – der früheren Regelung in § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG a. F.

Der Gesetzgeber präferiert zwar eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer, hat mit vorerwähnter Norm aber gerade auch die Führung eines Prozesses für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Auge, soweit eine Befassung der Versammlung der Wohnungseigentümer aufgrund der einzuhaltenden Fristen nicht möglich ist. Zur Einhaltung der Notfristen der §§ 276 Abs. 1 und 517 ZPO ist der Verwalter daher auch weiter befugt, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Ob man den Verwalter weiterhin als ermächtigt ansehen kann, ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer einen Vergleich abschließen zu können, wird maßgeblich vom konkreten Einzelfall abhängen. Um hier unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollte der die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertretende Rechtsanwalt im Verfahren stets entweder auf eine angemessene Fristgewährung hinwirken, um die Frage nach dem Abschluss eines Vergleichs durch eine entsprechende Beschlussfassung klären zu lassen, oder aber die Vergleichswiderrufsfrist so großzügig bemessen lassen, dass dann eine Willensbildung der Wohnungseigentümer herbeigeführt werden kann.

Ist der Verwalter zum Führen von Aktivverfahren ermächtigt, entweder, weil es sich im Einzelfall um eine Maßnahme untergeordneter Bedeutung handelt oder der Verwalter durch entsprechenden Beschluss oder Regelung im Verwaltervertrag hierzu ermächtigt ist, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass er entsprechende Verfahren für die Eigentümer oder die Eigentümergemeinschaft führen muss. Hiervon sei auch abgeraten, es sei denn, beim Verwalter handelt es sich um einen Volljuristen. Die Legitimation zum Führen von Verfahren für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verleiht ihm aber die Befugnis, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung zu beauftragen. Und dies auch ohne entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. In Verfahren, in denen Anwaltszwang besteht...

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