Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Behandlung eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen den Ehegatten im Zugewinnausgleich auseinandergesetzt sowie mit der Berücksichtigung eines am Bewertungsstichtag bestehenden Unterhaltsrückstandes im Vermögen des Unterhaltsschuldners.
Sachverhalt
Die Parteien, deren Ehe rechtskräftig geschieden war, stritten um Zugewinnausgleich. Sie waren Eigentümer zu je 1/2 einer Eigentumswohnung, die sie veräußert hatten. Verblieben waren Verbindlichkeiten, die der Beklagte nach Rechtskraft der Ehescheidung abgelöst hatte. Auf den vorprozessual geltend gemachten Zugewinn hat der Beklagte einen Teilbetrag gezahlt. Gegen die verbleibende Zugewinnausgleichsforderung hat er mit einer (unstreitigen) Forderung i.H.v. 15.300,00 EUR und mit einer Forderung von 31.045,26 EUR die Aufrechnung erklärt. Hierbei handelt es sich um die Hälfte des von ihm abgelösten Betrages von insgesamt 62.090,52 EUR.
Die in erster Instanz auf Zahlung von 32.000,00 EUR gerichtete und in zweiter Instanz auf Zahlung von 14.383,20 EUR reduzierte Klage der Ehefrau blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.
Entscheidung
In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht (KG v. 21.11.2008 in FamRZ 2009, 1327) führte der BGH in seiner Entscheidung zunächst aus, dass die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich den Gesamtschuldnerausgleich nicht verdrängen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Leistung eines gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten vor oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens erbracht worden sei.
Aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Bruchteilsgemeinschaft, insbesondere §§ 748, 755 BGB, lasse sich der Grundsatz ableiten, dass die Teilhaber für Verbindlichkeiten, die sie in Bezug auf den gemeinschaftlichen Gegenstand eingegangen seien, im Innenverhältnis nach dem Verhältnis ihrer Anteile an dem Gegenstand hafteten, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder den besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergebe.
Mit dem Scheitern der Ehe bestehe im Allgemeinen kein Anlass mehr für einen Ehegatten, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen, weil das Gegenseitigkeitsverhältnis, in dem die beiderseitigen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung gestanden hätten, aufgehoben sei.
Für die hier allein maßgebliche Zeit nach Zustellung des Scheidungsantrages müssten für eine andere als den Bruchteilen entsprechende Haftung besondere Umstände vorgetragen werden, dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Bei der von ihm anschließend vorgenommenen Berechnung des Zugewinns stellte der BGH zunächst klar, dass es einen negativen Zugewinn auch nach der Reform nicht gebe. Der Zugewinn der klagenden Ehefrau trage trotz eines nun möglichen negativen Endvermögens bei einem Anfangsvermögen von Null ebenfalls Null. Einen Verlustausgleich wolle auch das zum 1.9.2009 geänderte Zugewinnausgleichsrecht nicht erreichen.
Aufseiten des Ehemannes müssten vom Grundsatz her der hälftige Wert der Immobilie und die Ausgleichsforderung gegen die Ehefrau als Aktivposten und die volle Gesamtschuld als Negativposten in die Bilanz eingestellt werden. Sei die Forderung gegen die Ehefrau werthaltig und realisierbar, könne der Rechenweg dergestalt abgekürzt werden, dass in die Bilanz nur der hälftige Wert der Immobilie und ihre eigene Haftungsquote eingestellt werde.
Zwar sei die Klägerin am Stichtag aufgrund ihrer Überschuldung nicht in der Lage, die interne Ausgleichsforderung des Beklagten von 31.045,26 EUR zu begleichen, gleichwohl sei diese Forderung nicht wertlos. Eine Forderung sei nur dann als wirtschaftlich wertlos zu behandeln, wenn sie dauerhaft uneinbringlich sei.
Lasse sich dagegen absehen, dass der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt ausreichend solvent sein werde, bestehe kein Anlass, die Forderung im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht zu berücksichtigen.
Als weiteren Passivposten brachte der BGH aufseiten des Ehemannes den Unterhaltsrückstand i.H.v. 1.818,18 EUR in Abzug. Bereits entstandene Verbindlichkeiten minderten grundsätzlich das Endvermögen eines Ehegatten. Dies gelte auch für rückständigen Unterhalt, der dem anderen Ehegatten geschuldet werde und sei eine Folge des starren Stichtagsprinzips beim Zugewinnausgleich.
Im Ergebnis errechnete der BGH für den Ehemann einen Zugewinn i.H.v. 122.593,48 EUR, so dass sich die Zugewinnausgleichsforderung der Kläger auf 61.296,74 EUR belaufe. Hierauf seien 17.000,00 EUR bereits gezahlt worden. In Höhe von 15.300,00 EUR habe der Beklagte mit unstreitigen Gegenforderungen aufgerechnet. Der Restbetrag von 28.996,74 EUR sei niedriger als die dem Beklagten nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB zustehende Ausgleichsforderung, mit der er ebenfalls wirksam aufgerechnet habe, so dass ein Zahlungsanspruch der Ehefrau nicht mehr verbleibe.
Hinweis
Der BGH hat in dieser ersten Entscheidung zum neuen Recht des Zugewinnausgleichs (§ 1375 BGB n.F.) ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem in der Literatur hierüber geführten Streit über zwei Streitfragen ents...