Leitsatz

Die Entscheidung befasst sich mit den Überschneidungen, die zwischen unterhaltsrechtlichen Regelungen und dem Gesamtschuldnerausgleich auftreten können.

 

Sachverhalt

Seit dem Jahre 1999 geschiedene türkische Eheleute waren Gesamtschuldner eines gemeinsam aufgenommenen Darlehns, das der Ehemann alleine bediente und nach Scheidung über ein ohne die Ehefrau aufgenommenes neues Darlehen zurückführte. Der Ehemann wurde in der Folgezeit verurteilt, den gemeinsamen minderjährigen Kindern Unterhalt zu leisten, bei dessen Berechnung seine Kreditverpflichtungen einkommensmindernd berücksichtigt worden waren.

In dem vorliegenden Rechtsstreit machte der Ehemann gegen die geschiedene Ehefrau den sich aus dem Gesamtschuldverhältnis im Innenverhältnis ergebenden hälftigen Ausgleichsanspruch geltend.

Die geschiedene Ehefrau beantragte Abweisung der Klage mit der Begründung, bei der Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt seien die Kreditverpflichtungen einkommensmindernd aufseiten des Ehemannes berücksichtigt worden. Ein Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis bestehe daher nicht.

Das LG hat der Klage nur in Höhe der hälftigen Kreditraten für die Zeit von Mai 1999 bis Februar 2000 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Ehemannes hiergegen blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgte er sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidung

Zunächst hat der BGH die Anwendung deutschen Rechts auf den Gesamtschuldnerausgleich zwischen ausländischen Staatsangehörigen bejaht, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und bei einem inländischen Kreditinstitut ein Darlehen aufgenommen haben.

Sodann hat er für das gemeinsam während der Ehe aufgenommene Darlehen die gesamtschuldnerische Haftung der inzwischen geschiedenen Eheleute und die Anteilshaftung im Innenverhältnis festgestellt, soweit der Ehemann alleine auf das Darlehen monatliche Zahlungen geleistet hatte und eine anderweitige Bestimmung nicht getroffen worden war.

Ein Ausgleichsanspruch könne auch dann geltend gemacht werden, wenn ein ursprünglich gemeinsam aufgenommenes Darlehen von einem Ehegatten im Rahmen einer Umschulung allein übernommen und weiter bedient werde. Die Anteilshaftung im Innenverhältnis werde durch die Umschuldung nicht berührt, wenn die Maßnahme im beiderseitigen wirtschaftlichen Interesse der Parteien erfolge (BGH v. 31.01.1991 - IX ZR 38/90 - in FamRZ 1991, 1162).

Anders als das Berufungsgericht sah der BGH in der Berücksichtigung der von dem unterhaltsverpflichteten Ehemann allein weiter getragenen ursprünglichen Gesamtschuld bei der Bemessung des Kindesunterhalts keine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Die alleinige Schuldentilgung führe lediglich zu einer niedrigeren Eingruppierung in der Unterhaltstabelle und damit nur in eingeschränktem Umfang zu einem reduzierten Kindesunterhalt, nicht aber zu einem angemessenen Äquivalent für die alleinige Belastung mit der Gesamtschuld. Im Gegensatz zum Ehegattenunterhalt könne in der Berücksichtigung der von dem Unterhaltsverpflichteten getragenen Gesamtschuld bei der Bemessung des Kindesunterhalts deshalb regelmäßig keine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB unter den Ehegatten ausschließe.

 

Hinweis

Deutsches Recht ist immer dann anzuwenden, wenn Parteien, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, bei einem inländischen Kreditinstitut ein Darlehen aufgenommen haben.

Ansprüche aus Gesamtschuldverhältnissen zwischen Eheleuten werden in der Praxis eher selten geltend gemacht. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die Tilgung der Verbindlichkeiten meistens bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts berücksichtigt wird. Die Änderung der Rangordnung nach den seit dem 1.1.2008 geltenden §§ 1582, 1609 BGB zum einen und die Verstärkung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Scheidung zum anderen wird zunehmend dazu führen, dass Ehegattenunterhalt nicht mehr geltend gemacht wird und ein Gesamtschuldnerausgleich erfolgen muss.

Bei einer Umschuldung ist zu prüfen, ob die mit dem Eingehen der ursprünglichen Darlehensverpflichtung grundsätzlich begründete hälftige Haftung der Eheleute im Innenverhältnis nicht berührt wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH dann der Fall, wenn die Maßnahme im beiderseitigen wirtschaftlichen Interesse der Parteien erfolgt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 26.09.2007, XII ZR 90/05

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