Leitsatz
Eine allgemeine salvatorische Klausel (Erhaltungs- und Ersetzungsklausel) in einem auf längere Zeit als ein Jahr geschlossenen Mietvertrag über Gewerberäume verpflichtet die Vertragsparteien nicht zur Nachholung der nicht gewahrten Schriftform.
Normenkette
BGB § 550
Kommentar
Die Parteien schlossen im Jahr 1990 einen auf 20 Jahre befristeten Mietvertrag über gewerbliche Räume. Die Mietsache wurde in § 1 des Vertrags bezeichnet als
"... die im Hause H.straße 133, 135, B... 14 gelegenen Räume, und zwar: siehe Zeichnung".
Eine Zeichnung lag der Vertragsurkunde allerdings nicht bei.
Außerdem enthielt der Formularvertrag in § 22 folgende salvatorische Klausel:
"Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung. Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. In einem solchen Fall ist der Vertrag vielmehr seinem Sinn gemäß zur Durchführung zu bringen."
Der Mieter hat das Mietverhältnis nach 12-jähriger Mietzeit gem. § 550 BGB gekündigt. Es war zu entscheiden, ob die Kündigung durch die in § 22 des Mietvertrags vereinbarte Klausel ausgeschlossen wird.
Dies wird vom BGH verneint: Wird ein Mietvertrag auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen, so ist die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB zu beachten. Wird die Schriftform nicht gewahrt, so kann das Mietverhältnis von jeder Partei nach Ablauf des ersten Mietjahrs gekündigt werden (§ 550 S. 2 BGB). Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Vorschrift des § 550 BGB voraus, dass alle wesentlichen Vertragsbedingungen in einer Vertragsurkunde festgehalten werden. Insbesondere müssen aus der Urkunde die Mietparteien, der Mietgegenstand, die Miete und die Mietdauer ersichtlich sein. In der Praxis kommt es häufig vor, dass wegen des Mietgegenstands auf eine Anlage, z. B. auf einen Lageplan oder eine Zeichnung, verwiesen wird. In diesem Fall muss die Anlage entweder fest mit der Vertragsurkunde verbunden oder so genau bezeichnet werden, dass deren zweifelsfreie Zuordnung zum Mietvertrag möglich ist. Vorliegend waren diese Voraussetzungen nicht gewahrt. Der Mietvertrag verweist wegen des Mietgegenstands zwar auf eine "Zeichnung"; diese war der Vertragsurkunde aber weder beigefügt, noch war ersichtlich, welche Zeichnung maßgeblich sein sollte.
Nach der Rechtsprechung kann die vorzeitige Kündigung eines Mietverhältnisses im Ausnahmefall gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Die Anwendung des § 242 BGB setzt voraus, dass die vorzeitige Vertragsbeendigung "zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde". Insoweit kommen im Wesentlichen zwei Fallgruppen in Betracht. Zum einen kann die Kündigung ausgeschlossen sein, wenn der Kündigende den anderen Teil von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder wenn er sich einer vergleichbar schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat. Zum anderen ist § 242 BGB anwendbar, wenn im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung die Existenz des Gekündigten bedroht wäre. Ein solcher Ausnahmefall war vorliegend nicht gegeben.
Nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung kann vereinbart werden, dass die Parteien jederzeit, also auch nachträglich, zur Herstellung der Schriftform verpflichtet sind (KG, Urteil v. 13.11.2006, 8 U 51/06). Der BGH führt hierzu aus, dass sich jedenfalls aus der in § 22 des Mietvertrags vereinbarten salvatorischen Klausel keine derartige Verpflichtung herleiten lässt. Die Regelung im ersten Teil der Klausel ("Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt" - sog. Erhaltungsklausel) soll sicherstellen, dass im Fall der Teilnichtigkeit entgegen § 139 BGB im Zweifel keine Gesamtnichtigkeit eintritt. Die Klausel bewirkt eine Umkehr der Beweislast: wer sich auf die Gesamtnichtigkeit beruft, muss beweisen, dass der Vertrag ohne die nichtigen Teile nicht geschlossen worden wäre. Der zweite Teil der Klausel (Im Fall der Teilnichtigkeit "ist der Vertrag vielmehr seinem Sinn gemäß zur Durchführung zu bringen" -sog. Ersetzungsklausel) bezweckt, dass die Vertragslücke durch eine wirksame Regelung geschlossen wird. Zur Nachholung der Schriftform sind die Parteien weder aufgrund der Erhaltungsklausel noch nach der Ersetzungsklausel verpflichtet.
Das Kammergericht hat in dem Urteil vom 13.11.2006 (8 U 51/06) ausgeführt, dass die in einem Mietvertrag über Geschäftsraum enthaltene Klausel, "Die Vertragsparteien verpflichten sich gegenseitig, jederzeit alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem Schriftformerfordernis insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss von Nachtrags- und Ergänzungsverträgen Genüge zu tun, und bis dahin den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen", wirksam ist. Nach Ansicht des Gerichts b...