Leitsatz
a) Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters in einem Einkaufszentrum, einer Werbegemeinschaft in Form einer GbR beizutreten, verstößt wegen des damit verbundenen Haftungsrisikos des Mieters gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
b) In einem Formularmietvertrag muss die Höhe der Beiträge, die der Mieter in einem Einkaufszentrum an eine Werbegemeinschaft zu leisten hat, wegen der nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlichen Transparenz bestimmbar sein; mindestens muss eine Höchstgrenze festgesetzt sein, damit der Mieter die auf ihn zukommenden Kosten kalkulieren kann.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB § 535
Kommentar
Ein Mietvertrag über Ladenräume in einem Einkaufszentrum enthielt folgende Klausel:
§ 19 Werbegemeinschaft
1. Der Mieter verpflichtet sich, auf Verlangen des Vermieters einer Werbegemeinschaft beizutreten. Details werden vom Vermieter festgelegt. Die Kosten werden gemäß den Flächen laut § 8 des Mietvertrages abgerechnet. Der Vermieter ist berechtigt, aus berechtigtem Anlass einen anderen Schlüssel zu bestimmen. …
In der Folgezeit wurde die Werbegemeinschaft in Form einer GbR gegründet. Der Mieter hat sich geweigert, der Werbegemeinschaft beizutreten. Die Werbegemeinschaft hat den Mieter (aus abgetretenem Recht) auf Zahlung des Jahresbeitrags in Höhe von ca 8.000 EUR in Anspruch genommen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob durch § 19 des Mietvertrags eine wirksame Pflichtmitgliedschaft zur Werbegemeinschaft begründet worden ist.
Dies wird vom BGH verneint. Die Entscheidung beruht auf folgenden Grundsätzen:
1. Grundsätzlich kann der Mieter eines Ladenraums in einem Einkaufszentrum durch Formularvertrag wirksam verpflichtet werden, einer Werbegemeinschaft beizutreten. Eine derartige Klausel verstößt nicht gegen § 305c Abs. 1 BGB (überraschende Klausel), weil solche Verpflichtungen nicht ungewöhnlich sind. In dem Entscheidungsfall war die Klausel auch leicht zu verstehen und drucktechnisch so angeordnet, dass der Mieter davon Kenntnis nehmen konnte. Ebenso verstößt eine solche Klausel nicht zwangsläufig gegen § 307 BGB (unbillige Klausel).
2. Die Klausel kann aber gegen § 307 BGB verstoßen, wenn sie aufgund ihrer konkreten Gestaltung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters führt. Einen solchen Verstoß hat der BGH aus zwei Gründen angenommen:
a) Die Werbegemeinschaft ist in Form einer GbR gegründet worden. Die Mitglieder einer GbR sind weit reichenden Haftungsrisiken ausgesetzt. Insbesondere haften sie persönlich für Wettbewerbsverstöße der Werbegemeinschaft. Wegen dieser Risiken kann ein Mieter nicht gezwungen werden, einer Werbegemeinschaft in Form einer GbR beizutreten.
b) Die Vereinbarung der Übernahme weiterer Kosten neben der Miete für die Gewährung des Gebrauchs bedarf stets einer ausdrücklichen und inhaltlich bestimmten Vereinbarung. Die Höhe der Beiträge muss zumindest bestimmbar sein, z. B. durch einen Prozentsatz der Miete, mindestens muss eine Höchstgrenze festgeschrieben werden. Diesen Anforderungen genügt die Klausel nicht.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 12.07.2006, XII ZR 39/04