Leitsatz
a) Ein Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a, Alt. 2 BGB liegt bei vereinbarter monatlicher Mietzahlung auch bei der Geschäftsraummiete jedenfalls dann vor, wenn der Rückstand den Betrag von einer Monatsmiete übersteigt.
b) Ein solcher Rückstand reicht für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a, Alt. 2 BGB nur aus, wenn er aus zwei aufeinanderfolgenden Zahlungszeiträumen (hier: Monaten) resultiert.
c) Ein Rückstand, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil er (auch) aus anderen Zahlungszeiträumen herrührt, rechtfertigt die außerordentliche fristlose Kündigung lediglich, wenn seine Höhe zwei Monatsmieten erreicht (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b BGB).
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a Alt. 2, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b
Kommentar
Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag über Räume zum Betrieb eines "Cafés und Backshops (Bäckercafé)". Die monatliche Miete betrug 7.779,54 EUR.
Der Vermieter hat dem Mieter die Schlüssel zu den Mieträumen am 17.12.2002 übergeben. Für den Monat Dezember hat der Vermieter eine Miete von 2.593,18 EUR in Rechnung gestellt. Der Mieter hat folgende Zahlungen geleistet:
im Dezember 2002: |
0,00 EUR |
am 6. März 2003: |
12.898,62 EUR |
am 3. April 2003: |
6.909,54 EUR |
am 5. Mai 2003: |
6.039,54 EUR |
insgesamt: |
25.847,70 EUR |
Mit Schreiben vom 7.5.2003 hat der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Er hat die Ansicht vertreten, dass der Mieter folgende Beträge schulde:
für Dezember 2002: |
2.593,18 EUR |
für Januar 2003: |
7.779,54 EUR |
für Februar 2003: |
7.779,54 EUR |
für März 2003: |
7.779,54 EUR |
für April 2003: |
7.779,54 EUR |
für Mai 2003: |
7.779,54 EUR |
insgesamt: |
41.490,88 EUR |
Nach der Berechnung des Vermieters beträgt die Differenz zwischen der geschuldeten und der gezahlten Miete 15.643,18 EUR (= 41.490,88 EUR - 25.847,70 EUR). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Mieter für Dezember 2002 keine Miete geschuldet habe und dass die Mieten für Januar bis Mai 2003 um 4.350,00 EUR gemindert gewesen sei. Der Rückstand zum Mai 2003 betrage deshalb nicht 15.643,18 EUR, sondern nur 8.700 EUR (= 15.643,18 EUR - 2.593,18 EUR - 4.350 EUR). Auch dieser Betrag überschreite eine Monatsmiete. Aus diesem Grund sei die Kündigung wirksam.
Der BGH ist anderer Ansicht: Nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a BGB kann der Vermieter unter anderem dann kündigen, wenn der Mieter "für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist". In § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist hierzu ergänzend geregelt, dass ein nicht unerheblicher Teil der Miete im Sinne dieser Vorschrift anzunehmen ist, wenn der Rückstand die Miete für einen Monat übersteigt. Die Vorschrift des § 569 BGB gilt allerdings nur für die Wohnraummiete. Der BGH führt hierzu aus, dass ein Rückstand in dieser Höhe erst recht für die Kündigung eines Gewerbemietverhältnisses ausreicht, weil die hierfür geltenden Kündigungsvoraussetzungen jedenfalls nicht strenger sein können als bei der Wohnraummiete (Leitsatz a).
Nach Ansicht des BGH setzt § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a BGB außerdem voraus, dass der Rückstand aus zwei aufeinanderfolgenden Terminen resultiert (Leitsatz b). Diese Voraussetzung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt, weil sich der Rückstand aus Minderzahlungen für die Zeit von Januar 2003 bis Mai 2003, also aus 5 Zahlungsterminen, ergab. In einem solchen Fall kann sich der Kündigungstatbestand nur aus § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b BGB ergeben. Hier ist Voraussetzung, dass der Rückstand zwei Monatsmieten erreicht (Leitsatz c).
Nach den Tatbestandsfeststellungen des Gerichts schuldete der Mieter für die Zeit von Januar 2003 bis Mai 2003 eine um insgesamt 4.350 EUR geminderte Miete. Dies entspricht einem monatlichen Minderungsbetrag von 870 EUR. Mithin betrug die geschuldete monatliche Miete 6.909,54 EUR. Der Mieter hat erstmals am 6.3.2003 (also nach dem 3. Werktag des März) einen Betrag von 12.898,62 EUR bezahlt. Dies führt zu folgender Rückstandsberechnung:
Monat |
geschuldet in EUR |
gezahlt in EUR (3. Werktag) |
Rückstand in EUR |
Januar 2003 |
6.909,54 |
0,00 |
6.909,54 |
Februar 2003 |
6.909,54 |
0,00 |
13.819,08 |
März 2003 |
6.909,54 |
0,00 |
20.728,62 |
April 2003 |
6.909,54 |
19.808,16 |
7.830,00 |
Mai 2003 |
6.909,54 |
6.039,54 |
8.700,00 |
Daraus folgt: Die Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a BGB lagen am 3. Werktag des Februar 2003 vor. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Rückstand für Januar und Februar 2003 insgesamt 13.819,08 EUR. Die Kündigungsbefugnis entfällt erst, wenn der Vermieter vorher vollständig befriedigt wird (§ 543 Abs. 2 S. 2 BGB). Dies war nicht der Fall. Offenbar geht der BGH davon aus, dass es für den Rückstand auf den Zugang der Kündigung ankommt. Diese Ansicht trifft aber nicht zu.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 23.07.2008, XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210, m. Anm. Meyer-Harport, NJ 2008, 555