OFD Karlsruhe, Verfügung v. 3.8.2009, S 7100 b/1
Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Näheres regelt Abschn. 5 Abs. 1 bis 3 UStR. Danach ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung grundsätzlich erforderlich, dass der Veräußerer dem Erwerber alle wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens oder seines gesondert geführten Betriebs übereignet.
Ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, ist durch das FA des Veräußerers zu beurteilen.
1. Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen
Das Zurückbehalten einzelner wesentlicher Grundlagen ist unschädlich, wenn diese an den Erwerber vermietet oder verpachtet werden (Abschn. 5 Abs. 1 Sätze 8 und 9 und 264 Abs. 11 UStR), sodass der Erwerber das Unternehmen oder den gesondert geführten Betrieb ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortsetzen kann (Abschn. 5 Abs. 1 Satz 2 UStR). Dies gilt auch für die Fälle, in denen ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder Teilbetrieb übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird, wenn der vormalige Betriebsinhaber z.B. landwirtschaftliche Flächen zurückbehält und an den Erwerber verpachtet.
2. Unentgeltliche Geschäftsveräußerungen
§ 1 Abs. 1a UStG erfasst auch die unentgeltlichen Geschäftsveräußerungen im Ganzen, sodass eine Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b bzw. § 3 Abs. 9a UStG entfällt.
3. Fortführung des Unternehmens
Weitere Voraussetzung für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist, dass der Erwerber Unternehmer ist und das erworbene Unternehmen fortführt. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn der Erwerber mit der Fortführung des Unternehmens erstmalig unternehmerisch tätig wird oder das Unternehmen nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt. Will der Erwerber die übernommene Geschäftstätigkeit sofort abwickeln, kommt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nicht in Betracht (vgl. auch Abschn. 5 Abs. 1 Satz 3 UStR).
4. Verkauf eines von mehreren vermieteten Grundstücken
Auch beim Verkauf eines von mehreren vermieteten Grundstücken unter Fortführung des Mietvertrags durch den Erwerber kann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegen, wenn ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet wird.
Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbstständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet hat, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbstständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbstständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Soweit einkommensteuerlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird, kann umsatzsteuerlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden (Abschn. 5 Abs. 3 UStR). Besondere Einrichtungen einer betrieblichen Organisation muss ein Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinne nicht aufweisen (BFH-Urteil vom 21.5.1987, BStBl 1987 II S. 735).
Nach Ansicht des BFH ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden, ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche gewisse Selbstständigkeit besitzt und dass den verschiedenen Abgrenzungsmerkmalen unterschiedliches Gewicht zukommt, je nachdem, um welche Art von Tätigkeit es sich handelt (BFH-Urteil vom 24.8.1989, BStBl 1990 II S. 55).
Ein vermietetes Grundstück ist ein wirtschaftlich selbstständiger Teilbetrieb. Tritt der Erwerber in die Mietverträge ein, kann er grundsätzlich die unternehmerische Tätigkeit ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortsetzen (BFH-Beschluss vom 1.4.2004, V B 112/03, BStBl 2004 II S. 802). Von der Übertragung eines gesondert geführten Betriebs ist auch dann auszugehen, wenn der Eigentümer eines Grundstücks, das nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt ist, nur ein Teileigentum veräußert.
5. Übertragung von Grundstücken außerhalb einer Geschäftsveräußerung
Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist dagegen ausgeschlossen, wenn die Vermietung vor der Veräußerung des Grundstücks bereits eingestellt war (BFH-Urteil vom 18.1.2005, V R 53/02, BFH/NV 2005 S. 810) oder wenn das Grundstück an den bisherigen alleinigen Mieter veräußert wird (BFH-Urteil vom 4.9.2008, V R 23/06, BFH/NV 2009 S. 426).
Bei der Übertragung eines Grundstücks durch ein Bauträgerunternehmen handelt es sich nicht um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, weil der Erwerber nicht das Bauträgerunternehmen fortführt, sondern ein Vermietungsunternehmen betreibt (BFH-Urteile vom 24.2.2005, V R 45/02, BStBl 2007 II S. 61 und vom 18.9.2008, V R 21/07, BStBl 2009 II S. 2...