Für eine bessere rechtliche Durchsetzbarkeit von Arbeitnehmerrechten sowie einem effektiveren Rechtsschutz sollen folgende Maßnahmen sorgen:
a) Schadensersatz und Entschädigung (Art. 16)
Beschäftigte, die geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung ausgesetzt sind, sollen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung erhalten. Wie in europarechtlichen Rechtssetzungen üblich, soll die Kompensation eine wirksame und tatsächliche Entschädigung für den erlittenen Schaden ermöglichen und zudem – generalpräventiv – auf eine abschreckende Art und Weise ausgestaltet sein. Hierzu kann etwa auf die Rechtsprechung zum Schadensersatz i. S. des DSGVO zurückgegriffen werden. Die Kompensation muss nach Art. 16 Abs. 3 die vollständige Nachzahlung der Entgeltdifferenz und damit verbundener Boni oder Sachleistungen sowie Verzugszinsen umfassen.
b) Beweislastumkehr (Art. 18)
Auch die Entgelttransparenzrichtlinie verlangt eine Beweiserleichterung für den betroffenen Arbeitnehmer. Nach Art. 18 obliegt es dem Arbeitgeber nachzuweisen, dass es keine Diskriminierung in Bezug auf das Entgelt gegeben hat. Die Beweislastumkehr ist inhaltlich sehr weit, da sie Pflichtverstöße in allen Fällen von Art 5, 6, 7, 9 und 10 abdeckt. Unmittelbare oder mittelbare Diskriminierungen in der organisatorischen Umsetzung der Berichterstattung sind genauso betroffen wie die unterlassene Information über das Auskunftsrecht oder die Exkulpationspflicht bei unterlassenen Abhilfemaßnahmen nach Art. 10 Abs. 2 lit. f).
Da beispielsweise für die unterlassene Abhilfemaßnahme die Lohndiskriminierung sowohl Voraussetzung als auch Rechtsfolge ist, kann sich der Arbeitgeber im Rahmen der Beweislastumkehr gegen die Feststellung der Lohndiskriminierung gar nicht verteidigen. Der betroffene Beschäftigte muss also nur den erlittenen materiellen oder immateriellen Schaden darlegen und beweisen. Für die Anforderungen an die Schadensberechnung kann dann auf die Erkenntnisse der Rechtsprechung zur Schadensermittlung in der DSGVO zurückgegriffen werden. Auch die Entgelttransparenzrichtlinie enthält keine Definition des immateriellen Schadens.
c) Staatliche Aufsichts- und Zwangsmaßnahmen
Nach Art. 17 muss das nationale Umsetzungsgesetz den Gerichten und Aufsichtsbehörden die Möglichkeit geben, gegenüber dem Arbeitgeber Verfügungen zur Unterlassung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie Handlungsverfügungen zu erlassen und diese mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen. Dies stellt eine erhebliche und dem deutschen Recht bislang unbekannte Erweiterung der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten dar.
Art. 23 verpflichtete den deutschen Gesetzgeber, "wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen" einzuführen, um diese bei Verletzungen der Entgeltgerechtigkeit verhängen zu können. Art. 23 Abs. 2 führt explizit Bußgelder als Maßnahme auf, die eine "tatsächlich abschreckende Wirkung" entfalten sollen. Sofern hier der deutsche Gesetzgeber nicht maßvoll agiert, würden Informationsdefizite und organisatorische Fehler des Arbeitgebers zu Bußgeldern führen, genauso wie die Nichtumsetzung von Abhilfemaßnahmen gegen bestehende Lohndiskriminierungen aufgrund bestehender Entgeltsysteme.
Im Ergebnis führt die Richtlinie zu einer staatlichen Kontrolle der Vergütungssysteme der Arbeitgeber. Mit Spannung darf erwartet werden, ob und wie die Aufsichtsbehörden die nach Art. 11 angekündigten staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitgeber anbieten werden. Wie zuletzt bei der Neufassung des Nachweisgesetzes im Zuge der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie EU/2019/1152 drängt sich die Feststellung auf, dass nicht nur staatliche reglementierte Vertragsmuster (vgl. § 4 Abs. 1 NachwG), sondern nun auch staatlich vorgegebene Entgeltsysteme die Zukunft der ehemals freien Marktwirtschaft sein werden.