§§ 1 - 4 Erster Teil Zentrale Behörde

§ 1 Bestimmung

1Die Aufgaben der zentralen Behörde (Artikel 6 des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 (BGBl. 1990 II S. 206, 207) - im folgenden: Haager Übereinkommen -, Artikel 2 des Übereinkommens vom 20. Mai 1980 (BGBl. 1990 II S. 206, 220) - im folgenden: Europäisches Übereinkommen -) nimmt der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wahr. 2Er verkehrt unmittelbar mit den im Geltungsbereich dieses Gesetzes zuständigen Gerichten und Behörden.

§ 2 Übersetzung bei eingehenden Ersuchen

 

(1) Die zentrale Behörde, bei der ein Antrag aus einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Übereinkommens eingeht, kann es ablehnen, tätig zu werden, solange Mitteilungen oder beizufügende Schriftstücke nicht in deutscher Sprache abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sind (Artikel 6 Abs. 1 und 3, Artikel 13 Abs. 2 des Übereinkommens).

 

(2) Ist ein Schriftstück nach Artikel 24 Abs. 1 des Haager Übereinkommens ausnahmsweise nicht von einer deutschen Übersetzung begleitet, so veranlaßt die zentrale Behörde die Übersetzung.

§ 3 Maßnahmen der zentralen Behörde

 

(1) 1Die zentrale Behörde trifft alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Einschaltung von Polizeibehörden, um den Aufenthaltsort des Kindes zu ermitteln, wenn dieser sich nicht aus dem Antrag ergibt. 2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann die zentrale Behörde auch die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung durch das Bundeskriminalamt veranlassen. 3Soweit andere Stellen beteiligt werden, übermittelt sie ihnen insbesondere auch die zur Durchführung der Maßnahmen erforderlichen personenbezogenen Informationen; diese dürfen nur für den Zweck verwendet werden, für den sie übermittelt worden sind.

 

(2) Im übrigen leitet die zentrale Behörde unverzüglich Anträge aus einem anderen Vertragsstaat an das Gericht weiter, das nach den ihr vorliegenden Unterlagen zuständig ist, und unterrichtet es über bereits veranlaßte Maßnahmen.

 

(3) 1Die zentrale Behörde gilt als bevollmächtigt, im Namen des Antragstellers zum Zweck der Rückgabe des Kindes selbst oder im Weg der Untervollmacht durch Vertreter gerichtlich oder außergerichtlich tätig zu werden. 2Ihre Befugnis, zur Sicherung der Einhaltung der Übereinkommen im eigenen Namen entsprechend zu handeln, bleibt unberührt.

§ 4 Anrufung des Oberlandesgerichts

 

(1) Nimmt die zentrale Behörde einen Antrag unter Berufung auf Artikel 27 des Haager Übereinkommens nicht an oder lehnt sie es nach Artikel 4 Abs. 4 des Europäischen Übereinkommens oder aus anderen Gründen ab, tätig zu werden, so kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragt werden.

 

(2) 1Das Oberlandesgericht entscheidet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 2Zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die zentrale Behörde ihren Sitz hat. 3§ 21 Abs. 2, die §§ 23 und 24 Abs. 3, die §§ 25 und 28 Abs. 2, 3, § 30 Abs. 1 Satz 1 sowie § 199 Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten sinngemäß. 4Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.

§§ 5 - 8 Zweiter Teil Gerichtliches Verfahren

§ 5 Örtliche Zuständigkeit; Zuständigkeitskonzentration

 

(1) 1Das Familiengericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, entscheidet für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts

 

1.

über gerichtliche Anordnungen in bezug auf die Rückgabe des Kindes oder die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses und in bezug auf das Recht zum persönlichen Umgang sowie

 

2.

über die Vollstreckbarerklärung oder eine gesonderte Feststellung der Anerkennung von Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten des Europäischen Übereinkommens.

2Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnung abweichend von Satz 1 einem Familiengericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Familiengericht für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. 3Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

 

(2) Örtlich zuständig ist das Familiengericht, in dessen Zuständigkeitsbereich nach Absatz 1

 

1.

sich das Kind beim Eingang des Antrags bei der zentralen Behörde aufgehalten hat oder,

 

2.

bei Fehlen einer Zuständigkeit nach Nummer 1, das Bedürfnis der Fürsorge besteht.

§ 6 Allgemeine Verfahrensvorschriften

 

(1) Das Gericht entscheidet über die in § 5 genannten Angelegenheiten, als Familiensachen im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit; § 621a Abs. 1, §§ 621c und 621 f der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

 

(2) 1Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen einstweilige Anordnungen treffen, um Gefahren von dem Kind abzuwenden oder eine Beeinträchtigung der Interessen der Beteiligten zu vermeiden. 2Die Entscheidungen nach Satz 1 sind nicht anfechtbar. 3Im übrigen gelten die §§ 620a, 620b und 620d bis 620g der Zivilprozeßordnung sinngemäß.

§ 7 Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem Europäischen Übereinkommen

 

(1) Ein Titel, insbesondere auf Herausgabe des Kindes, der aus einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Übereinkommens stammt und dort vollstreckbar ist, wird dadurch zur Zwangsvollstreckung zugelassen, daß er auf Antrag mit einer Vollstreckungsklausel versehen wird.

 

(2) Liegt ein vollstreckungsfähiger Titel nach Absatz 1 nicht vor, so wird festgestellt, daß eine Sorgerechtsentscheidung oder eine...

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