§§ 1 - 5 Abschnitt 1 Grundsätze

§ 1 Stellung der Untersuchungsgefangenen

 

(1) Untersuchungsgefangene gelten als unschuldig und sind entsprechend zu behandeln, so dass nicht der Anschein entsteht, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten.

 

(2) Bequemlichkeiten und Beschäftigungen dürfen sie sich auf ihre Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind und nicht die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt (Anstalt) stören.

 

(3) 1Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen Beschränkungen nach diesem Gesetz nur auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. 2Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die Untersuchungsgefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

§ 2 Gestaltung des Vollzuges

 

(1) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, soweit der Zweck der Untersuchungshaft und die Erfordernisse eines geordneten Zusammenlebens in der Anstalt dies zulassen.

 

(2) 1Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. 2Den Untersuchungsgefangenen werden Hilfen zur Verbesserung ihrer sozialen Situation angeboten, soweit es die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen.

 

(3) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der weiblichen und männlichen Untersuchungsgefangenen sowie der Untersuchungsgefangenen, die das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben (junge Untersuchungsgefangene), werden bei der Gestaltung des Vollzuges und bei allen Einzelmaßnahmen berücksichtigt.

§ 3 Trennung des Vollzuges

 

(1) 1Zur Trennung von anderen Gefangenen, namentlich von Strafgefangenen, erfolgt der Vollzug der Untersuchungshaft in besonderen Abteilungen der Anstalten oder in Untersuchungshaftanstalten. 2Männer und Frauen sind entsprechend zu trennen.

 

(2) Ausnahmen von Absatz 1 Satz 1 sind mit Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zulässig oder wenn sie zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft, aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung, aus Gründen der Vollzugsorganisation oder anderen wichtigen Gründen erforderlich sind.

§ 4 Zuständigkeit

Die nach diesem Gesetz notwendigen Entscheidungen trifft die Anstaltsleitung unter Beachtung der Belange des Strafverfahrens und des Zwecks der Untersuchungshaft.

§ 5 Mitwirkung der Anstalt

1Die Anstalt wirkt dabei mit, dass die Untersuchungshaft ihrem Zweck entsprechend vollzogen und Möglichkeiten der Haftvermeidung ergriffen werden. 2Während des Vollzuges gewonnene Erkenntnisse, die zur Erfüllung der in Satz 1 genannten Aufgabe erforderlich sind, werden unverzüglich an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

§§ 6 - 9 Abschnitt 2 Vollzugsverlauf

§ 6 Aufnahme in die Anstalt

 

(1) Untersuchungsgefangene werden auf Grund eines schriftlichen Aufnahmeersuchens des Gerichts in die nach dem Vollstreckungsplan zuständige Anstalt aufgenommen, soweit das Gericht nicht im Einzelfall eine andere Anstalt bestimmt hat.

 

(2) 1Neu aufgenommene Untersuchungsgefangene werden alsbald ärztlich untersucht, der Anstaltsleitung oder von ihr bestimmten Bediensteten zu einem Aufnahmegespräch vorgestellt und über ihre Rechte und Pflichten informiert. 2Diese Information kann auch mittels eines in einer ihnen verständlichen Sprache abgefassten Merkblatts erfolgen.

 

(3) 1Bei der Aufnahme, der ärztlichen Untersuchung und dem Aufnahmegespräch dürfen andere Gefangene nicht anwesend sein. 2Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der betroffenen Untersuchungsgefangenen.

§ 7 Verlegung, Überstellung

 

(1) Die Anstaltsleitung hat bei dem zuständigen Gericht auf die Verlegung oder Überstellung der Untersuchungsgefangenen in eine geeignete Anstalt hinzuwirken, wenn aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt der Zweck der Untersuchungshaft gefährdet ist.

 

(2) Untersuchungsgefangenen, die in eine andere Anstalt verlegt oder überstellt werden, ist Gelegenheit zu geben, Angehörige oder eine Vertrauensperson zu benachrichtigen.

§ 8 Unterbrechung der Untersuchungshaft

 

(1) Hat das Gericht die Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Freiheits-, Ersatzfreiheits- oder Jugendstrafe angeordnet, werden die Untersuchungsgefangenen für die Dauer des Vollzuges der Strafe als Strafgefangene behandelt.

 

(2) Beginn und Ende der Strafhaft sind der Vollstreckungsbehörde und dem für die Untersuchungshaft zuständigen Gericht mitzuteilen.

§ 9 Beendigung der Untersuchungshaft

 

(1) 1Untersuchungsgefangene sind zu entlassen, wenn das Gericht oder die Staatsanwaltschaft der Anstalt eine mit Dienstsiegel versehene Entlassungsanordnung zugeleitet hat. 2Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist, ist einer solchen Anordnung gleichgestellt. 3Fehlt es an einer Übermittlung der schriftlichen oder der nach Satz 2 gleichgestellten Entlassungsanordnung, so hat die Anstalt bei einer fernmündlichen, durch einen Telefaxdienst oder elektronisch übermittelten Anordnung deren Echtheit vor der Entlassung zu prüfen.

 

(2) 1Erfolgt die Entlassungsanordnung zu einem Zeitpunkt, der es den Untersuchungsgefangenen unmöglich macht, dringende Angelegenheiten, auf die sie zu ihrer sozialen Sicherung a...

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