Leitsatz
Kanzleibriefbögen sind auch ein Mittel der Werbung. Einschränkungen ihrer Gestaltung bedürfen daher im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit einer besonderen Rechtfertigung.
Sachverhalt
Die Antragsteller betreiben eine Anwaltskanzlei. Die rechte Randleiste ihres Kanzleibriefbogens führt im oberen Bereich die der Kanzlei angehörenden Rechtsanwälte namentlich auf. Darunter, deutlich abgesetzt und unter der Überschrift "Kooperationspartner", befindet sich neben den Namen zweier Steuerberater der Name eines Architekten mit der Berufsbezeichnung "Architekt BDA, Dipl.-Ing., von der SINK öffentlich bestellter u. vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden". Die Fußzeile enthält weiterhin an der linken Seite ein Anschriftenfeld, das zunächst die Anschrift der Anwaltskanzlei, rechts daneben die Anschrift des kooperierenden Steuerberaterbüros und separat darunter die anderslautende Anschrift des Architekten aufführt. Die Anwaltskammer hat die Gestaltung dieses Briefbogens gerügt. Der AGH hat die Rüge auf einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 223 BRAO aufgehoben. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidung.
Entscheidung
Der Anwalt darf auf eine berufliche Zusammenarbeit nur hinweisen, wenn sie in einer Sozietät, in sonstiger Weise mit sozietätsfähigen Personen nach § 59a BRAO oder in einer auf Dauer angelegten, tatsächlich ausgeübten, verfestigten Kooperation erfolgt. Dies bedeutet aber nicht, dass nur der Hinweis auf eine Kooperation mit sozietätsfähigen Personen zulässig ist. Bereits der Wortlaut des § 8 BORA legt eine solche Auslegung nicht nahe. Zum anderen würde dies auch einer am Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ausgerichteten Auslegung der Bestimmung widersprechen.
Die Gestaltung und Verwendung des Briefkopfs oder -bogens einer Anwaltskanzlei stellt ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Kanzlei zu gewinnen. Als solches ist es Bestandteil der Berufsausübungsfreiheit. Das ist bei der Anwendung und Auslegung der die anwaltlichen Werbemaßnahmen einschränkenden Bestimmungen mit der Maßgabe zu berücksichtigen, dass in jedem Einzelfall nicht die Gestaltung der Anwaltswerbung, sondern deren Einschränkung einer besonderen Rechtfertigung bedarf.
Gründe, die ein Verbot rechtfertigen könnten, auf Kooperationen mit Angehörigen nicht sozietätsfähiger Berufe hinzuweisen, sind nicht zu erkennen. Es entspricht mittlerweile allgemeiner Auffassung, dass Kooperationen zwischen Rechtsanwälten und nicht sozietätsfähigen Personen grundsätzlich zulässig sind. Eine solche Zusammenarbeit, etwa eines im Arzthaftungsrecht tätigen Anwalts mit einem Mediziner oder eines im Baurecht tätigen Anwalts mit einem Bausachverständigen, erscheint auch sinnvoll. Sie dient den Interessen der Rechtsuchenden an einer sachgerechten und qualifizierten Beratung. Ist jedoch eine Form der Berufsausübung zulässig, so ist deren Kundgabe grundsätzlich auch durch das anwaltliche Werberecht gedeckt. Der Begriff der Kooperation in § 8 Satz 1 BORA ist so zu verstehen, dass er auch eine auf Dauer angelegte, verfestigte Zusammenarbeit mit nicht sozietätsfähigen Personen erfasst.
Praxishinweis
Der Senat sieht in seiner Auffassung keine unzulässige Privilegierung der Kooperation gegenüber einer Bürogemeinschaft, für die besondere Anforderungen bezüglich der Verschwiegenheitspflicht gelten. Zwar muss der Anwalt vor der Einschaltung des Kooperationspartners stets mit Blick auf diese Verschwiegenheitspflicht das Einverständnis seines Mandanten einholen. Insoweit liegt jedoch der Fall nicht anders als bei Beauftragung eines Sachverständigen, mit dem der Anwalt nicht ständig kooperiert.
Link zur Entscheidung
BGH-Beschluss vom 25.7.2005, AnwZ (B) 42/04