Leitsatz

1. Beeinflußt die Grundfläche nach den Vorstellungen der Parteien die Miethöhe, dann liegt im Unterschreiten der tatsächlichen Fläche gemessen an der im Vertrag angegebenen Fläche ein Sachmangel vor, der zur Rückforderung des rechtsgrundlos erbrachten Teils der Miete berechtigt.

2. Rechnet der Vermieter regelmäßig wissentlich entsprechend einer zu geringen Fläche ab, dann ist es ihm verwehrt, sich im Rechtsstreit mit dem Mieter auf die tatsächlich größere Fläche zu berufen.

3. Bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche bei überzahlter Miete unterliegen der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB.

 

Sachverhalt

Der Gewerberaummieter verlangt einen Teil der Miete für mehrere Jahre zurück, da die Grundfläche des Raums um ca. 17 % kleiner ist, als bei der Vereinbarung der Miethöhe angenommen war. Der Vermieter beruft sich u.a. auf Verjährung. Im übrigen fordert er die Anpassung der Betriebskostenzahlungen, die er nämlich jahrelang wissentlich entsprechend einer zu geringen Flächenangabe abgerechnet hat, obwohl der Mieter ihn auf die widersprüchlichen Angaben im Vertrag und der Abrechnungen hingewiesen hatte.

 

Entscheidung

1. Der Mieter hat ein Minderungsrecht und kann die überzahlte Miete zurückverlangen. Die Mieträumlichkeiten sind mangelhaft: Die tatsächliche Raumgröße ist geringer als im Mietvertrag vereinbart. Nach den Vorstellungen der Parteien beeinflußte die Größe der Fläche die Höhe der Miete. Bei der Vermietung gewerblicher Flächen wird im Regelfall die Höhe der Miete anhand der Quadratmeterzahl und unter Berücksichtigung eines zwischen den Parteien abgestimmten Quadratmeterpreises ermittelt. Daß hier ausnahmsweise eine andere Mietpreisberechnung ohne Berücksichtigung der Größe der Mietfläche in Betracht kommen könnte, ist weder konkret vorgetragen noch ersichtlich. Dabei ist ohne Belang, daß dieser übliche Zusammenhang hier nicht nochmals ausdrücklich vertraglich fixiert wurde. Die Abweichung von der vertraglich vorgesehenen Fläche ist erheblich. Geht man davon aus, daß die Flächenangabe zugesichert ist, so kommt es auf die Erheblichkeit der Abweichung nicht mehr an. Die Mietminderung wegen der zu geringen tatsächlichen Fläche wird hier nicht durch anfängliche Kenntnis ausgeschlossen (§ 539 BGB). Der Vermieter hat nicht nachgewiesen, daß der Mieter die tatsächliche Flächengröße bei Vertragsschluß gekannt hat. Das Unterlassen einer Mängelanzeige durch den Mieter hat hier keinen Rechtsverlust zur Folge: Die Anzeigepflicht entfällt hier, weil der Vermieter von der zu geringen Verkaufsfläche positiv wußte.

2. Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung muß sich der Vermieter an seinen jahrelang von ihm selbst bei den Abrechnungen zugrundegelegten Angaben festhalten lassen. Trotz mehrfacher deutlichen Hinweise des Mieters auf die widersprüchlichen Flächenangaben in Mietvertrag und Abrechnungen hat er auch in zweiter Instanz keine nachvollziehbare Erklärung dafür gegeben, warum er in sämtlichen Abrechnungen an den ursprünglichen Angaben festhielt.

3. Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Einrede der Verjährung, die der Vermieter in erster Instanz geltend gemacht hatte, ist zwar auch im Berufungsverfahren beachtlich, obwohl er diese in zweiter Instanz nicht mehr wiederholt hat. Die Rückforderungsansprüche des Mieters unterliegen der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 197 BGB). Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung auf bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche bei überzahlter Miete. Zwar sieht diese Vorschrift die kurze Verjährung nur für "Ansprüche auf Rückstände von Zinsen, … auf Rückstände von Miet- und Pachtzinsen,…" vor und erwähnt nicht ausdrücklich Rückforderungsansprüche aus zuviel gezahlten Miet- oder Pachtzinsen. In übereinstimmung mit einer im Vordringen befindlichen Meinung hält das Gericht die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist auf vergleichbare Ansprüche für angebracht. Diese Meinung stellt zu Recht darauf ab, daß es sich um periodisch wiederkehrende Leistungen handelt, die einer kürzeren Verjährung unterliegen sollten. Die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen hier ebenfalls nicht vor. Der Vermieter hat treuwidrig gegen die Verpflichtung verstoßen, auf die geringere Mietfläche hinzuweisen und gleichzeitig den Mieter an der Geltendmachung eines ihm zustehenden Rückforderungsanspruchs gehindert. Aus demselben Grund kann sich der Vermieter auch nicht auf einen Vertrauenstatbestand berufen. Er konnte nicht damit rechnen, daß der Mieter sein Rechte wegen des vorliegenden Mangels nicht mehr geltend machen würde.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil vom 08.06.1998, 16 U 92/97

Fazit:

Der Mieter wird hier doppelt geschützt: Ist die Gewerbemietraumfläche tatsächlich geringer als im Mietvertrag angegeben, kann der Gewerbemieter grundsätzlich immer mindern - hier unterscheidet sich das Gewerbemietrecht vom Wohnraummietrecht. Außerdem muß sich der Vermieter bei der Zugrundelegung einer zu niedrigen Fläche bei seinen Betriebskostenabrechnungen zu seinen Lasten daran festhalten lassen,...

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