Leitsatz

Zur Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Änderung der vorgesehenen Mieterstruktur.

 

Fakten:

Der Vermieter einer Immobilie hatte Räume im Erdgeschoss zum Betrieb eines Cafés für zehn Jahre mit einmaliger Verlängerungsoption für den Gewerbemieter vermietet. Nachdem der Vermieter die ersten vier Obergeschosse nicht als Büroräume vermieten konnte, veranlasste er den Ausbau dieser Geschosse als Wohnraum. In der Folgezeit kam es zu Mietrückständen des Cafébetreibers. Die Parteien hatten für diesen Fall allerdings ein Sonderkündigungsrecht vereinbart, von welchem der Vermieter hier auch Gebrauch machte. Der Mieter klagte gegen die Kündigung. In oberster Instanz bekommt der Vermieter jedoch recht. Die Kündigung war wirksam. Die Vereinbarung des Sonderkündigungsrechts und dessen Ausübung sind weder als sittenwidrig noch als arglistige Täuschung zu bewerten. Der Vermieter war auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Anpassung des Mietvertrags verpflichtet. Der Mieter war davon ausgegangen, die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke würden als Büroraum genutzt. Dies hatte der Vermieter dem Mieter jedoch nicht zugesichert; es handelte sich insoweit nur um eine gemeinsame Vorstellung der Pareien im Sinne einer Geschäftsgrundlage.

Den Vermieter traf insoweit auch nicht das alleinige Risiko. Aus der Bezeichnung der Einheiten als "Büro" in der Gesamtflächenzusammenstellung, die dem Mietvertrag als Anlage beigefügt war, lässt sich herleiten, dass der Vermieter ein eigenes unternehmerisches Risiko für die auf die Vermietung der Obergeschosse als Büroeinheiten gestützte Gewinnerwartung des Mieters übernehmen wollte. Die geschäftliche Unerfahrenheit des Mieters begründet kein treu- oder sittenwidriges Verhalten des Vermieters.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.3.2010 – XII ZR 108/08

Fazit:

Bei der Gewerberaummiete trägt grundsätzlich der Mieter das sogenannte Verwendungsrisiko in Bezug auf die Mietsache. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt auch Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des gewerblichen Mieters allerdings nicht, so verwirklicht sich damit nur ein typisches Risiko, das in der Natur der Sache begründet ist. Es fällt in den Verantwortungsbereich des Gewerbemieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasst auch das Risiko einer Veränderung der Mietersturktur im Umfeld des Mietobjekts.

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