Leitsatz
Das Niedersächsische FG hat Zweifel daran, ob die Gewerbesteuer und die sog. Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verfassungsgemäß sind und hat diese Fragen dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (Beschlüsse v. 21.4.2004 und 14.4.2005, 4 K 317/91, EFG 2004 S. 1065 und EFG 2005 S. 1417).
Sachverhalt
Der I. Senat des BVerfG kam jetzt aufgrund dieser Vorlage zu folgendem Ergebnis:
- Es ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, dass die Einkünfte der freien Berufe, der sonstigen Selbstständigen und der Land- und Forstwirte nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
- Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz, dass nach der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten und damit der Gewerbesteuer unterliegen, wenn die Gesellschaft auch nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.
Nach Auffassung des BVerfG ist die Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer nicht willkürlich. Die Gewerbesteuer soll einen pauschalen Ausgleich für die besonderen Infrastrukturlasten bieten, die durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben verursacht werden. Die Annahme, dass die freien Berufe typischerweise in geringerem Umfang Infrastrukturlasten der Gemeinden verursachen als die Gewerbetreibenden, liegt nahe.
Auch die Land- und Forstwirte unterscheiden sich von den Gewerbetreibenden in wesentlichen Punkten, z.B. durch das in der Flächengebundenheit ihrer Betriebe zum Ausdruck kommende besondere Gewicht des Produktionsfaktors Boden und die Abhängigkeit ihres Wirtschaftserfolgs von den Wetterbedingungen. Es liegt daher in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die Land- und Forstwirte nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
Die aus der Abfärberegelung resultierende Ungleichbehandlung der gemischt tätigen Personengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmer, der im Gegensatz zur Personengesellschaft gleichzeitig mehrere verschiedene Einkunftsarten verwirklichen kann, ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Die Abfärberegelung soll u.a. verhindern, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zumal die Möglichkeit besteht, der Abfärberegelung durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen auszuweichen, die mit keinen nennenswerten Belastungen oder Risiken verbunden sind.
Link zur Entscheidung
BVerfG, Beschluss v. 15.1.2008, 1 BvL 2/04.