Zusammenfassung
Mit der Digitalisierungsrichtlinie gibt es seit dem 1.8.2022 die Möglichkeit zur (Bar-)Online-Gründung von GmbHs und UGs (haftungsbeschränkt).
Möglichkeit zur Online-Gründung durch die Digitalisierungsrichtlinie
Wer in Deutschland eine GmbH gründen will, muss dafür bisher persönlich zu einem Notar. Doch warum sollte man sich in einer Zeit, in der Videokonferenzen in der Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken sind, dazu nicht auch online mit einem Notar treffen können? Nach der sog. Digitalisierungsrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/1151) mussten die EU-Mitgliedsstaaten eine solche Online-Gründung von Kapitalgesellschaften bis spätestens 1.8.2022 ermöglicht haben. Das entsprechende Umsetzungsgesetz wurde bereits 2021 verabschiedet ("DiRUG") und ist jetzt in Kraft getreten.
Unternehmen und Gründer können daher seit 1.8.2022 bequem vom Büro oder von zu Hause aus eine GmbH oder die bei Start-ups beliebte Unternehmergesellschaft (UG (haftungsbeschränkt)) gründen. Die erste Online-Gründung hat auch gleich am 1.8.2022 stattgefunden.
Virtuelle Einbindung des Notars
Ganz ohne Notar geht es zum Schutz der Gründer sowie des Rechtsverkehrs vor Identitätsbetrug und Geldwäsche jedoch auch weiterhin nicht. Die Beurkundung kann nun aber virtuell unter Verwendung eines von der Bundesnotarkammer bereitgestellten, besonders gesicherten Videokommunikationssystems stattfinden. Dabei werden alle erforderlichen Willenserklärungen über das Videokommunikationssystem beurkundet.
Zur Identifikation der Gesellschafter liest der Notar dabei zunächst mithilfe der Notar-App die Daten aus einem elektronischen Identifikationsmittel aus. Bei deutschen Staatsbürgern ist das der Personalausweis mit sog. eID-Funktion (sämtliche seit 2017 ausgestellten Personalausweise verfügen über diese Online-Ausweisfunktion, die jedoch vorab einmalig von dem Inhaber des Personalausweises aktiviert werden muss). Dies genügt dem Erfordernis der Unterschrift sämtlicher Gesellschafter aus § 2 Abs. 1 S. 2 GmbHG. Darüber hinaus gleicht der Notar in der Videokonferenz das Lichtbild mit dem Videobild der beteiligten Personen ab, berät die Gründer wie bisher auch bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags und prüft deren Geschäftsfähigkeit oder Vertretungsbefugnisse. Zum Abschluss erfolgt die Unterzeichnung per qualifizierter elektronischer Signatur. Dafür erhält der Gründer eine SMS-TAN, mit der er seine Unterschrift bestätigen kann. Ganz praktisch benötigt man für die Online-Gründung einen PC oder ein Tablet mit Internetzugang und Webcam/Mikro, ein Smartphone mit der Notar-App und seinen Personalausweis.
Die Gründer können sich den "Online-Notar" übrigens nicht frei aussuchen, sondern müssen einen Notar wählen, in dessen Amtsbereich sich etwa der künftige Gesellschaftssitz oder der (Wohn-)Sitz eines Gesellschafters befindet.
Ausblick und Einordnung
Das DiRUG erlaubt zunächst ab jetzt nur die Online-Gründung einer GmbH bei einer Bargründung. Durch das DiREG (Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 15.7.2022) wird der Anwendungsbereich der Online-Gründung ab dem 1.8.2023 auch auf Sachgründungen ausgeweitet. Ausgenommen sind lediglich Sachgründungen unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung ihrerseits beurkundungspflichtig ist (z. B. Grundstücke oder GmbH-Anteile). Für diese Beurkundungsgegenstände ist das Online-Verfahren weiterhin nicht zugelassen.
Durch das DiREG werden ab 1.8.2023 auch Gesellschafterbeschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrages (sogenannte satzungsändernde Beschlüsse) einschließlich Kapitalmaßnahmen (Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals) in den Anwendungsbereich des Online-Verfahrens mit einbezogen, d.h. auch solche Beschlüsse können künftig im Wege der Online-Kommunikation mit einem Notar vorgenommen werden, sofern sie (wegen § 53 Abs. 3 S. 2 GmbHG) einstimmig erfolgen.
Seit dem 1.8.2022 ist auch die notarielle Beglaubigung von Registeranmeldungen mittels Videokommunikation bei Einzelkaufleuten und Kapitalgesellschaften auf die gleiche Weise online möglich. Das DiREG erweitert diese Möglichkeit auf sämtliche Rechtsträger. Zudem werden Anmeldungen zum Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister ebenfalls in den Anwendungsbereich des notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens einbezogen.