4.1 Haftung der Gesellschafter in der GmbH in Gründung
Die Haftungsverhältnisse bei der GmbH i.G. sind nicht gesetzlich geregelt, sondern vom BGH entwickelt worden. Bei der Haftung der Gesellschafter für die Schulden der GmbH i. G. nimmt der BGH – und ihm folgend auch das BSG und das BAG – eine unbeschränkte Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft an (sog. Verlustdeckungshaftung).
Unbeschränkte Verlustdeckungshaftung
Die unbeschränkte Verlustdeckungshaftung der Gesellschafter besagt, dass diese beim Scheitern der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister gegenüber der GmbH verpflichtet sind, die dort entstandenen Verluste abzudecken – und zwar in dem prozentualen Verhältnis, in dem sie an der GmbH beteiligt sind. Sie müssen der Aufnahme der Geschäfte durch die GmbH i.G. zugestimmt haben. Keine Rolle spielt es hierfür, ob und in welcher Höhe sie ihre Einlagen bereits erbracht haben. Die Verlustdeckungshaftung wird kombiniert mit einer Ausfallhaftung: Kann einer der Gesellschafter seiner Verlustdeckungshaftung nicht nachkommen, müssen die anderen Gesellschafter quotal, entsprechend ihrer Beteiligung, einspringen. Wird über das Vermögen der GmbH in Gründung ein Insolvenzverfahren eröffnet, ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters die Ansprüche aus der Verlustdeckungshaftung gegen die Gesellschafter durchzusetzen.
Die Verlustdeckungshaftung kann in eine unbeschränkte Außenhaftung umschlagen, wenn die Gesellschaft vermögenslos wird oder nur ein Gläubiger vorhanden ist. Sinn der Verlustdeckungshaftung im Innenverhältnis ist es, einen "Run" der Gläubiger auf die Gesellschafter zu verhindern, indem eine geordnete Abwicklung über die GmbH erfolgt. Die Verbindlichkeiten werden erfasst, die Gesellschafter entsprechend ihrer Verpflichtung aufgefordert, die Unterdeckung abzudecken und sodann von der Gesellschaft die Schulden bezahlt.
Ist die Gesellschaft vermögenslos, besteht kein Anlass mehr, den Umweg über die Gesellschaft zu wählen, ebenso, wenn nur ein Gläubiger vorhanden ist. Auch bei der Ein-Personen-GmbH wird eine unbeschränkte Außenhaftung angenommen, was allerdings in diesem Fall doch wieder einen Ansturm auf die Gläubiger verursachen würde, weshalb diese Ansicht abzulehnen ist. Hingegen ist eine Außenhaftung dann anzunehmen, wenn es nur einen Gläubiger gibt.
4.2 Handelndenhaftung
Die namens der Gesellschaft Handelnden trifft nach § 11 Abs. 2 GmbHG eine persönliche unbeschränkte Haftung. Als Handelnde im Sinne dieser Vorschrift sind aber nicht alle Mitarbeiter der Gesellschaft, sondern lediglich die Geschäftsführer oder die, die wie solche auftreten, z. B. Gesellschafter, die sich zum faktischen Geschäftsführer aufschwingen. Der Geschäftsführer muss nicht selbst gehandelt haben, es genügt, wenn er sich dritter Personen, z. B. nachgeordneter Mitarbeiter, bedient, die auf seine Weisung oder Veranlassung z. B. einen Vertrag abschließen, aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Die Handelndenhaftung erfasst nur rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Ansprüche, sie betrifft z. B. nicht die kraft Gesetzes entstehenden Ansprüche auf die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Die Handelndenhaftung erlischt, ebenso wie die Verlustdeckungshaftung, mit der Eintragung in das Handelsregister.
Erstattung/Freistellung für Grundstückskaufpreis
Im Beispiel der unter Ziffer 1.2. erwähnten Adrian Holding GmbH i.G., in dem der Geschäftsführer für die GmbH i.G. bereits das Betriebsgrundstück und die Anteile an der Produktions-GmbH erworben hat, platzt die Finanzierungszusage. Die GmbH i.G. wird daraufhin nicht mehr im Handelsregister eingetragen und fällt in die Insolvenz. Die Verkäufer bestehen auf Zahlung des Kaufpreises und können nun den Geschäftsführer als Handelnden persönlich in Anspruch nehmen, dieser kann Erstattung/Freistellung von den Gesellschaftern verlangen.
Wird der Geschäftsführer aus der Handelndenhaftung in Anspruch genommen, hat er zudem einen Erstattungsanspruch gegen die GmbH i. G., der indes in der Insolvenz der Vor-GmbH wertlos sein wird. Die Gesellschafter wiederum haften im Rahmen der Verlustdeckungshaftung auch für diesen Anspruch.
4.3 Unterbilanzhaftung nach Handelsregistereintragung
Mit der Handelsregistereintragung erlischt die Verlustdeckungshaftung der Gründer gegenüber der GmbH, die diese ja unbeschränkt persönlich verpflichtete. An die Stelle der Verlustdeckungshaftung tritt die sog. Unterbilanzhaftung, die ebenfalls vom BGH entwickelt worden ist. Die Unterbilanzhaftung wird auch als Differenz- oder Vorbelastungshaftung bezeichnet. Sie besagt Folgendes:
Den Gläubigern der Gesellschaft soll zum Zeitpunkt der Handelsregistereintragung unversehrt ein Reinvermögen der GmbH zur Verfügung stehen, das der Stammkapitalziffer entsprich...