Zusammenfassung
Die Annahme von Zinszahlungen auf Gesellschafterdarlehen von einer GmbH in der Krise birgt das Risiko, dass die erhaltenen Zahlungen zurück gewährt werden müssen – nach alter (bis 2008 geltender) wie nach neuer Rechtslage.
Hintergrund
Die Insolvenzverwalterin einer GmbH verlangte die Rückzahlung von Zinsen, die die GmbH an den Beklagten auf ein Darlehen des Beklagten gezahlt hat. Gesellschafter der GmbH waren zunächst der Vater, die Ex-Ehefrau und die Tochter des Beklagten, ab 1991 bis 1999 nur die Ex-Ehefrau und die (zu diesem Zeitpunkt minderjährige) Tochter des Beklagten. Der Beklagte hatte der GmbH in der Zeit von 1989 bis 1992 umfangreiche Darlehen gewährt. Er war zudem von 1989 bis 1998 stiller Gesellschafter der GmbH mit einer hohen Einlage. Ihm standen zwar keine über das Gesetz hinaus gehenden Kontrollrechte zu. Allerdings standen ihm aufgrund des Beteiligungsvertrages 90%, ab 1991 95% des Gewinns der GmbH zu; für Verluste hatte er im gleichen Maß einzustehen. Zugleich war er von 1989 bis 1995 Bevollmächtigter der Gesellschafter und – gemeinsam mit seiner Ex-Ehefrau - gesetzlicher Vertreter der Tochter bis zu ihrer Volljährigkeit 1998. Der Beklagte konnte damit von 1989 bis zum Widerruf der Vollmacht durch seine Ex-Ehefrau 1995 die Rechte der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung der GmbH in vollem Umfang ausüben. 1992 wurde eine Verzinsung der Darlehen des Beklagten vereinbart. Am 7.12.1999 zahlte die GmbH Zinsen an den Beklagten aus, die die Insolvenzverwalterin unter Berufung auf die Eigenkapitalersatzregelungen nach altem GmbH-Recht (vor Inkrafttreten des MoMiG in 2008) zurück forderte.
Kurzwiedergabe der Entscheidungsgründe:
Die klagende Insolvenzverwalterin hatte in erster und zweiter Instanz Recht bekommen. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg, das Urteil wurde aufgehoben und zurückverwiesen.
BGH, Urteil v. 24.9.2013, II ZR 39/12
Der BGH bestätigte zunächst, dass die Regelungen des (alten) Eigenkapitalersatzrechts auf den Beklagten anwendbar seien, da das Insolvenzverfahren vor Inkrafttreten des MoMiG zum 01.1.2008 eröffnet war.
Stille Gesellschafter sind normalerweise nicht von der Norm des § 30 GmbHG a.F. umfasst. Aufgrund der Bevollmächtigung für die Gesellschafter habe der Beklagte jedoch die Geschicke der GmbH mit beeinflussen können. Hierdurch und durch die hohe Gewinnbeteiligung sei er einem GmbH-Gesellschafter wirtschaftlich gleichgestellt. Die §§ 30, 31 GmbHG a.F. seien damit analog auf ihn als atypischen stillen Gesellschafter anzuwenden.
Widerruf der Bevollmächtigung
Zum Zeitpunkt der Zinszahlung war die Bevollmächtigung des Beklagten für die GmbH jedoch wiederrufen worden. Mit diesem Widerruf, so der BGH, entfiel der Einfluss des Beklagten auf die Geschicke der Gesellschaft und damit die gesellschafterähnliche Stellung. Der BGH stellte dies der Situation eines ausscheidenden Gesellschafters gleich: nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters erbrachte Zahlungen unterlägen nur dann den Eigenkapitalersatzregelungen, wenn zum Zeitpunkt des "Ausscheidens", hier also im Zeitpunkt des Widerrufs der Bevollmächtigung, die Krise schon bestand. Dagegen komme es nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung der Zinsen an, wie das Berufungsgericht meinte.
Das Berufungsgericht hatte nicht festgestellt, ob zum nach dem BGH maßgeblichen Zeitpunkt die Krise bestand und dies für den Beklagten erkennbar war. Daher wurde die Sache zurück verwiesen. Der BGH stellte klar, dass die Anforderungen an die Kenntnis des Beklagten von der Krise nicht sehr hoch anzusetzen sind: Die Erkennbarkeit wird grundsätzlich als gegeben angesehen. Der für die Finanzierung der Gesellschaft Verantwortliche müsse von sich aus sicherstellen, dass er über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft informiert ist, insbesondere über den Eintritt einer Krise.
Anmerkung
Die Frage, welche Zahlungen in der Krise der Gesellschaft noch geleistet werden dürfen, ist überaus praxisrelevant. Die Rückzahlung von Darlehen der Gesellschafter oder die Zahlung von Zinsen auf diese Darlehen ist dabei eine häufig auftretende Konstellation.
Die vorliegende Entscheidung erging nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der grundlegenden Reform des GmbH-Rechts im Jahre 2008. Nach den damit geltenden Eigenkapitalersatzregeln der §§ 32a/b GmbHG sowie der sog. Rechtsprechungsregeln waren Auszahlungen in der Krise unzulässig und sind zurückzugewähren. Der BGH konkretisiert nun, welches der entscheidende Zeitpunkt für das Tatbestandsmerkmal "Krise" ist.
Reform des MoMiG
Durch die Reform des MoMiG wurde dem § 30 Abs. 1 GmbHG ein entscheidender Satz angefügt: § 30 GmbHG gilt nicht (mehr) für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Diese Zahlungen werden nun über das Insolvenz- und Anfechtungsrecht abgewickelt, wodurch der Gesellschafter als Darlehensgeber dem Dritten als Darlehensgeber gleich gestellt wird. Rückzahlungen von Gesellschafterda...