2.2.1 Antrag
Rz. 5
Das Rechtskraftzeugnis wird nicht von Amts wegen erteilt, sondern auf Antrag. Antragsberechtigt sind alle Prozessbeteiligten sowie deren Rechtsnachfolger (z. B. Insolvenzverwalter); neben den Parteien auch der Streithelfer. Unbeteiligte Dritte sind nicht antragsberechtigt, auch wenn sie die Entscheidung in den Händen halten. Der Antrag kann formlos gestellt werden. Er setzt allerdings die Vorlage der Ausfertigung der Entscheidung voraus, auf deren Kopf die Rechtskraft bescheinigt wird. Anwaltszwang besteht nicht (§ 78 Abs. 3 ZPO). Für Ehe- und Abstammungssachen macht § 46 Satz 3 FamFG eine Ausnahme vom Antragsprinzip.
2.2.2 Zuständigkeit
Rz. 6
Für die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig, und zwar grundsätzlich der Geschäftsstelle des Gerichts, das in erster Instanz entschieden hat. Unerheblich dabei ist, ob dieses Gericht in der Hauptsache zuständig war. Hat also das Landgericht einen Streit entschieden, für den das Amtsgericht (als Familiengericht beispielsweise) zuständig war, so ist für die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts zuständig (Stein/Jonas/Münzberg, § 706 Rn. 4). Ist der Rechtsstreit allerdings bei einem höheren Gericht anhängig, so ist der Urkundsbeamte des Rechtsmittelgerichts zuständig. Die Zuständigkeit der Geschäftsstelle des Rechtsmittelgerichts beginnt mit der Einreichung der Rechtsmittelschrift und dauert an, solange dieses Gericht die Akten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel vorliegen hat (Zöller/Seibel, § 706 Rn. 4). Die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs beim Rechtsmittelgericht für ein beabsichtigtes Rechtsmittelverfahren genügt zur Begründung dessen Zuständigkeit nicht, da das Rechtsmittelgericht zwar die Akten erhält, mit dem Rechtsstreit selbst jedoch (noch) nicht befasst wird (Zöller/Seibel, § 706 Rn. 4). Sind die Akten nach Beendigung der Rechtsmittelinstanz an das erstinstanzliche Gericht zurückgegeben worden, ist von dem Zeitpunkt des Eingangs der Akten an dies (wieder) zuständig, auch wenn die Entscheidung, um die es geht, von dem Rechtsmittelgericht erlassen wurde.
2.2.3 Umfang der Prüfung
Rz. 7
Der Urkundsbeamte prüft den Eintritt der Rechtskraft in eigener Zuständigkeit anhand der Prozessakten. Seine Prüfung ist eine formelle, dahin gehend, ob die Rechtsmittelfrist ungenutzt verstrichen oder ein Rechtsmittel eingelegt ist (Stein/Jonas/Münzberg, § 706 Rn. 5). Dabei prüft er zunächst, ob der Antragsteller zur Antragstellung berechtigt ist. Ob das Rechtsmittel zulässig eingelegt ist, hat er ebenso wenig zu prüfen wie die Frage, ob für den Antrag auf Erteilung des Zeugnisses ein Rechtsschutzinteresse besteht und für welchen Zweck der Antragsteller dasselbe tatsächlich benötigt (Zöller/Seibel, § 706 Rn. 5 m. w. N.). Anhand der Prozessakten prüft der Urkundsbeamte, ob die Entscheidung formell rechtskräftig ist. Ohne weitere Prüfung ist das Rechtskraftzeugnis dann zu erteilen, wenn die Entscheidung mit der Verkündung rechtskräftig geworden ist. Reichen die Prozessakten nicht aus, um den Eintritt der Rechtskraft festzustellen, muss der Antragsteller zusätzliche Urkunden oder sonstige Nachweise beibringen. Dazu gehört insbesondere, wenn das Rechtsmittel bei einem anderen – höheren – Gericht einzulegen ist, das Notfristzeugnis (Abs. 2) dieses Gerichts. Kommt es bei dem Eintritt der Rechtskraft auf die Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts oder die einer Rechtsmittelzurücknahme an, ist dies von dem Urkundsbeamten festzustellen. Er kann sich auch insoweit Nachweise erbringen lassen. So ist die Rechtsmittelrücknahme durch Vorlage des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO erbracht. Der Nachweis über einen Rechtsmittelverzicht kann z. B. durch die Vorlage der Sitzungsniederschrift (§ 160 Abs. 3 Nr. 9 ZPO) erbracht werden. Ist der Beginn des Laufes einer Notfrist von Bedeutung, muss der Urkundsbeamte die vom Antragsteller nachzuweisenden Fakten, wie z. B. die ordnungsgemäße Zustellung der Entscheidung, selbstständig auswerten. Eine Anhörung des Gegners findet nicht statt (MüKoZPO/Götz, § 706 Rn. 4).
2.2.4 Form der Entscheidung
Rz. 8
Kommt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung formell rechtskräftig ist, so bescheinigt er dies in der Regel auf der von dem Antragsteller vorgelegten Entscheidungsausfertigung (Stein/Jonas/Münzberg, § 706 Rn. 8). Aber auch eine separate Bescheinigung ist möglich. Der Vermerk hat regelmäßig folgenden Wortlaut: "Vorstehendes Urteil ist rechtskräftig." Dieser Vermerk ist zu datieren und von dem Urkundsbeamten mit dem Zusatz "als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle" zu unterschreiben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AktO). Lediglich bei Ehe- und Abstammungssachen oder wenn nach dem Inhalt der Entscheidung mit dem Eintritt der Rechtskraft eine Frist in Lauf gesetzt wird, ist zusätzlich das Datum des Eintritts der Rechtskraft beizufügen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 AktO: "rechtskräftig seit dem ..."). Ist eine Entscheidung teilweise rechtskräftig, ist ein entsprechendes Teilrechtskraftzeugnis zu erteilen (OL...