2.1 Nr. 1: Anerkenntnis- und Verzichtsurteile
Rz. 2
Nr. 1: Anerkenntnis- und Verzichtsurteile (§§ 306, 307 ZPO) auch dann, wenn sie als Teilurteile ergehen sowie Anerkenntnisvorbehaltsurteile. Da auch ein eingeschränktes Anerkenntnis, die ohne Einschränkung eingeklagte Leistung Zug-um-Zug zu erbringen, den Beklagten bindet (BGH NJW 2006, 217) und damit im entsprechenden Umfang eine besonders hohe Bestandswahrscheinlichkeit begründet, gilt § 708 Nr. 1 ZPO auch für das den Beklagten unter Bestätigung des Zurückbehaltungsrechts zur Leistung Zug-um-Zug verurteilende Urteil, obwohl dieses kein Anerkenntnisurteil i. S. v. § 307 ZPO ist (BeckOK ZPO/Ulrici, § 708 Rn. 12; a. A. LG Karlsruhe, Urteil v. 17.4.2019, 6 O 125/18, juris). Da beim Verzichtsurteil nur die Kostenentscheidung vollstreckbar ist, käme auch eine Anwendung von Nr. 11 in Betracht. In diesem Fall aber ist Nr. 1 vorrangig, so dass auch dann, wenn die Kosten EUR 1.500 übersteigen, eine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO nicht in Betracht kommt (MünchKomm/ZPO-Götz, § 708 Rn. 8).
2.2 Nr. 2: Versäumnisurteile
Rz. 3
Nr. 2: Versäumnisurteile einschließlich der zweiten Versäumnisurteile (§§ 330, 331, 345 ZPO) unabhängig davon, in welcher Instanz (vgl. LG Hildesheim, MDR 1962, 829; BGH, WRP 2017, 418) und gegen welche Partei sie ergehen, sowie Urteile nach Lage der Akten (§ 331a ZPO) gegen die säumige Partei. Keine Anwendung findet die Bestimmung bei der Säumnis beider Parteien (BeckOK ZPO/Ulrici, § 708 Rn. 13). Wird nach streitiger Verhandlung ein Versäumnisurteil durch Urteil aufrechterhalten, findet die Sonderregelung des § 709 Satz 3 ZPO Anwendung. Nicht erfasst werden die sog. unechten Versäumnisurteile.
2.3 Nr. 3: Urteile nach § 341 Abs. 1 ZPO
Rz. 4
Nr. 3: Urteile nach § 341 Abs. 1 ZPO, durch die der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig verworfen wird. Wird der Einspruch – wie im Regelfall – ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss verworfen, bedarf es einer Vollstreckbarerklärung nicht, da dieser Beschluss nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar ist.
2.4 Nr. 4: Urteile bei besonderen Verfahrensarten
Rz. 5
Nr. 4: Die Regelung umfasst alle Urteile, die in der besonderen Verfahrensart des Urkunden- (§ 592 ZPO), Wechsel- (§ 602 ZPO) und Scheckprozesses (§ 605a ZPO) ergehen, gleich ob sie der Klage stattgeben oder sie abweisen; auch wenn die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen würde (§ 597 Abs. 2 ZPO). Beim Versäumnisurteil geht Nr. 2 und beim Anerkenntnisurteil Nr. 1 vor (Letzteres streitig; wie hier: MünchKomm/ZPO-Götz, § 708 Rn. 11; a. A.: Schuschke/Walker, § 708 Rn. 5, LG Aachen, NJW-RR 1986, 359 = ZIP 1985, 1021). Nicht unter Nr. 4 fallen die Urteile im Nachverfahren. Grund für die "Bevorzugung" des Gläubigers ist hier der besondere Charakter des Urkundenprozesses, der den Zweck hat, dem Gläubiger möglichst schnell zu einem vollstreckbaren Titel zu verhelfen.
2.5 Nr. 5: Urteile im Nachverfahren
Rz. 6
Nr. 5: Urteile im Nachverfahren (§ 600 ZPO), durch die ein im Urkunds-, Wechsel- oder Scheckprozess ergangenes (klagestattgebendes) Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt (bestätigt) wird. Da in diesen Fällen die Hauptsache bereits aus dem Vorbehaltsurteil ohne Sicherheitsleistung vollstreckt werden kann (Nr. 4), kommt der Bestimmung praktische Bedeutung lediglich bezüglich der weiteren Kosten zu. Wird im Nachverfahren das Vorbehaltsurteil abgeändert und die Klage abgewiesen, gilt Nr. 5 nicht. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich dann nach § 708 Nr. 11, § 711 oder § 709 Satz 1, 2 ZPO.
2.6 Nr. 6: Urteile betreffend Arrest und einstweilige Verfügung
Rz. 7
Nr. 6: Urteile der 1. Instanz, durch die ein beantragter Arrest oder eine einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung abgelehnt (§§ 922, 936 ZPO) oder im Beschlusswege erlassene Arrestbefehle oder einstweilige Verfügungen nach Widerspruch aufgrund mündlicher Verhandlung wieder aufgehoben (LG Rostock, Urteil v. 4.9.2020, 3 O 532/20,, juris; § 925 Abs. 2, § 936, § 926 Abs. 2, § 927 ZPO;) werden. Während der Arrestbefehl und die einstweilige Verfügung (als Beschluss oder Urteil) ohne besonderen Ausspruch ohne weiteres vorläufig vollstreckbar sind (s. o. Rn. 1), gilt dieser Grundsatz für die in Nr. 6 angeführten Urteile nicht. Sie sind deshalb für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Relevant wird dies auch lediglich für den Kostenausspruch. Nicht erfasst werden jedoch entsprechende Berufungsurteile, welche nach § 542 Abs. 2 ZPO mit ihrem Erlass rechtskräftig und damit endgültig vollstreckbar werden (LG Itzehoe, Urteil v. 21.1.2020, 5 HKO 47/19,, juris).
2.7 Nr. 7: Urteile in Mietstreitigkeiten
Rz. 8
Nr. 7: Urteile, klagestattgebende und -abweisende, in Mietstreitigkeiten, die zu dem Katalog des § 23 Nr. 2a GVG, also zur Zuständigkeit des Amtsgerichts, gehören. Bei Räumungsurteilen ist gegebenenfalls noch die Bestimmung des § 721 ZPO zu beachten. Wird der Mieter einer Freifläche zur Räumung und Herausgabe verurteilt, so kommt ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung gemäß Nr. 7 nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, JMBlNW 1993, 138). Gleiches gilt hinsichtlich der Verurteilung zur Duldung von Modernisierungsarbeiten (LG Berlin, NZM 2016, 163). Auch Pachtverhältnisse sind von Nr. 7 nicht umfasst. Der Sa...