1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Das Verfahren und die Voraussetzungen der Rückgabe einer geleisteten Sicherheit ist allgemein geregelt in der Vorschrift des § 109 ZPO. Für alle Fälle, in denen der Gläubiger eine Sicherheit nach den §§ 709, 711, § 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO geleistet hat, regelt die Bestimmung ein vereinfachtes Verfahren zur Rückgabe der geleisteten Sicherheit, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist. Die Regelung ist berechtigt, weil es nach dem Eintritt der Rechtskraft keinen abzusichernden Ersatzanspruch nach § 717 ZPO mehr gibt. Das (umständlichere) Verfahren nach § 109 ZPO wird für den Gläubiger durch diese Vorschrift nicht ausgeschlossen. Obsiegt der Schuldner, ist er allerdings allein auf das Verfahren nach § 109 ZPO angewiesen. Er kann dann seine Sicherheitsleistung nach § 109 ZPO zurückverlangen. Auf die Gläubigersicherheit kann er nur durch Erlangung eines Titels im Wege der Klage oder im Verfahren nach § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO zugreifen.
Rz. 2
Die Bestimmung findet auch im Falle der Rechtskraft eines Vorbehaltsurteils (§§ 302, 599 ZPO) Anwendung, weil auch hier Ansprüche nach § 717 ZPO nach Eintritt der Rechtskraft nicht mehr in Betracht kommen (MünchKomm/ZPO-Götz, § 715 Rn. 1). Endet das Verfahren nicht durch rechtskräftiges Urteil, sondern durch beiderseitige Erledigungserklärung, durch Vergleich oder Klagerücknahme, ist die Bestimmung nicht anwendbar (Zöller/Herget, § 715 Rn. 1). Auch bei der Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Berufungsgericht nach den §§ 719, 707 ZPO kommt eine Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht (BGHZ 11, 303). Schließlich ist die Bestimmung auch dann nicht anwendbar, wenn ein Urteil nur in Bezug auf einen Teil der vollstreckbaren Ansprüche, für die Sicherheit zu leisten war, in Rechtskraft erwächst. In diesen Fällen verbleibt lediglich der Weg der Rückgabe nach § 109 ZPO. Ausnahmsweise aber kommt in diesen Fällen eine Teilrückgabe nach § 715 ZPO in Betracht, wenn die Sicherheitsleistung für den rechtskräftig gewordenen Teil eigenständig ausgewiesen wurde (BeckOK ZPO/Ulrici, § 715 Rn. 4.1). Das gilt auch bei der Verurteilung von Gesamtschuldnern, wo die Rückgabe den Rechtskraftnachweis regelmäßig gegenüber allen Gesamtschuldnern voraussetzt (BeckOK ZPO/Ulrici, § 715 Rn. 4.2).
2 Verfahren
Rz. 3
Die Entscheidung setzt zunächst einen Antrag des Gläubigers voraus (Zöller/Herget, § 715 Rn. 4). Örtlich sowie sachlich zuständig für die Entscheidung ist das Gericht, das die Sicherheitsleistung angeordnet oder zugelassen hat. Funktionell zuständig ist gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 RPflG der Rechtspfleger. Der Antrag kann von der Partei persönlich und auch zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden (Abs. 2 mit § 109 Abs. 3 ZPO). Dem Antrag ist ein Rechtskraftzeugnis (§ 706 ZPO) beizufügen. Ist es noch nicht erteilt, kann es – falls das Gericht auch für die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses zuständig ist – gleichzeitig beantragt werden. Es hat dann zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle über den Antrag auf Erteilung des Rechtskraftzeugnisses zu entscheiden. Dieses muss ergeben, dass das nämliche Urteil allen Parteien gegenüber, zu deren Gunsten die Sicherheitsleistung erbracht wurde, rechtskräftig ist. Es reicht allerdings dann die Vorlage einer bestätigenden Rechtsmittelentscheidung, wenn diese Entscheidung mit der Verkündung rechtskräftig wird (Musielak/Voit/Lackmann, § 715 Rn. 2). Dem Schuldner hat er vor seiner Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren (LG Mainz, Beschluss v. 3.9.2003, 3 T 73/03, juris). Der Rechtspfleger entscheidet bei freigestellter mündlicher Verhandlung durch Beschluss. Liegen die Voraussetzungen des § 715 ZPO vor, hat er kein Ermessen, sondern muss dem Antrag stattgeben. Die Entscheidung lautet dann auf Anordnung der Rückgabe der Sicherheit bzw. auf Erlöschen der zum Zwecke der Sicherheitsleistung beigebrachten Bürgschaft. In analoger Anwendung des § 109 Abs. 2 Satz 2 ZPO wird die Erlöschensanordnung nach § 715 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst mit Eintritt der Rechtskraft wirksam (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1996, 73). Andernfalls lautet sie auf Zurückweisung des Antrags nach § 715 ZPO. Die Entscheidung, die regelmäßig ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist den Parteien formlos mitzuteilen (§ 329 Abs. 2 ZPO); im Falle der Ablehnung des Antrages nur dem antragstellenden Gläubiger gegenüber. Sie ist kurz zu begründen und nach § 232 ZPO mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Ist das Urteil gegenüber Gesamtschuldnern ergangen, kommt eine Anordnung der Rückgabe der Sicherheit nur dann in Betracht, wenn der Eintritt der Rechtskraft allen Gesamtschuldnern gegenüber nachgewiesen ist (MünchKomm/ZPO-Götz, § 715 Rn. 4).
Rz. 4
Die Vorlage des stattgebenden Beschlusses bei der Hinterlegungsstelle reicht aus, um die Rückgabe der Sicherheit zu erlangen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 HinterlO).
3 Rechtsbehelfe
Rz. 5
Gegen die stattgebende Entscheidung des Rechtspflegers kann die beschwerte Partei die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG einlegen (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1996, 73). Gegen die darau...