Rz. 2
Die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils tritt zunächst außer Kraft, wenn das vorläufig vollstreckbare Urteil rechtskräftig wird. Nun ist es endgültig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckbarkeit nicht mehr abwenden. Dieser Fall allerdings hat keinen Schadensersatzanspruch zur Folge, da die Vollstreckung des Gläubigers, soweit er sie betrieben haben mag, "rechtmäßig" war, wie sich aus dem bestätigenden Urteil ergibt.
Rz. 3
Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt aber auch in dem Umfang außer Kraft, in dem ein vorläufig vollstreckbares Urteil auf ein Rechtsmittel hin oder im Verfahren nach § 718 ZPO hinsichtlich der Vollstreckbarkeit aufgehoben oder abgeändert wird. Im Falle der Abänderung fällt die vorläufige Vollstreckbarkeit nur so weit weg, wie die Abänderung reicht. Diese Wirkung tritt schon mit der Verkündung (§ 311 ZPO) des aufhebenden bzw. abändernden Urteils ein und nicht erst mit dessen Rechtskraft (Stein/Jonas/Münzberg, § 717 Rn. 1). Bei Urteilen, die nicht zu verkünden sind, tritt an die Stelle der Verkündung die Zustellung (§ 310 Abs. 1 ZPO). Die Aufhebung oder Abänderung des nicht rechtskräftigen Urteils muss aufgrund eines Einspruchs oder eines Rechtsmittels durch Urteil erfolgen. Nicht unter die Bestimmung des § 717 Abs. 1 ZPO fällt die Aufhebung des nicht rechtskräftigen Urteils durch übereinstimmende Erledigungserklärung, Vergleichs oder Klagerücknahme. Nicht erfasst wird auch das Außerkrafttreten eines Endurteils, dessen Bestand von einem nicht rechtskräftigen Zwischen- oder Vorbehaltsurteil abhängig ist (BeckOK ZPO/Ulrici, § 717 Rn. 3).
Rz. 4
Der Wegfall der vorläufigen Vollstreckbarkeit bewirkt, dass eine nach der Verkündung der aufhebenden bzw. abändernden Entscheidung durchgeführte Zwangsvollstreckung unzulässig ist. Dies hat das Vollstreckungsorgan von Amts wegen zu beachten, sobald es von der Entscheidung Kenntnis erlangt. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung oder die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Vollstreckungsorgane erfolgt jedoch nur unter den Voraussetzungen der §§ 775, 776 ZPO. Dabei ist nach h. M. Voraussetzung, dass das aufhebende oder abändernde Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt oder rechtskräftig geworden ist (OLG Frankfurt, NWwZ 2018, 95; a. A. BeckOK ZPO/Ulrici, § 717 Rn. 5 m. w. N., der davon ausgeht, dass § 717 Abs. 1 ZPO aufhebende oder abändernde Urteile im Hinblick auf ihre aufhebende oder abändernde Wirkung kraft Gesetzes für vorläufig vollstreckbar erklärt). Der Gläubiger, der gleichwohl die Vollstreckung betreibt, haftet für Schäden nach den §§ 823 ff. BGB.